Sternschnuppen und zerbrochene Träume: Gedichte für die Seele zwischen den Welten

Letzte Aktualisierung - 27. August 2025 21:30

Gedichte sind wie Küsse – sie passieren in einem Moment, aber ihre Wirkung bleibt für immer. Ich schreibe seit Jahren kleine Verse auf Kassenbons, Servietten und in die Notizen-App meines Handys. Meist mitten in der Nacht, wenn die Welt still ist und die Worte plötzlich Gestalt annehmen.

Diese Sammlung ist für alle, die manchmal das Gefühl haben, zwischen den Welten zu schweben. Zwischen Traum und Realität, zwischen Hoffen und Resignieren, zwischen dem, was war, und dem, was vielleicht noch kommen könnte.

Nachtschicht der Gedanken

Geschrieben um 3:47 Uhr, als der Schlaf wieder mal Überstunden machte

Die Stadt schläft, aber meine Gedanken haben Schichtdienst – sie arbeiten rund um die Uhr an Problemen, die tagsüber noch gar nicht existierten.

Ich liege wach und höre das Summen des Kühlschranks, das Ticken der Uhr, das Atmen des Menschen neben mir, der so friedlich schläft, als wäre das Leben eine einfache Sache.

Vielleicht ist es das. Vielleicht mache ich alles komplizierter als nötig, sammle Sorgen wie andere Briefmarken oder Münzen – eine sinnlose, aber irgendwie beruhigende Beschäftigung.

Um vier wird es still. Selbst meine Gedanken gehen in die Pause, und ich schlafe endlich ein mit dem Gefühl, dass morgen alles anders sein könnte.

Aber morgen ist heute nur eine andere Version von gestern, und meine Gedanken fangen ihre Schicht von vorne an.

Herzensangelegenheiten

Für alle, die schon mal um 2 Uhr nachts „Wie geht es dir wirklich?“ getippt und wieder gelöscht haben

Du fragst, wie es mir geht, und ich antworte „gut“, obwohl mein Herz gerade Möbel rückt in seiner zu kleinen Wohnung, versucht, Platz zu schaffen für all die Gefühle, die keinen Namen haben.

„Gut“ ist das Passwort für „Ich funktioniere“, das Codewort für „Ich halte durch“, die Höflichkeitslüge, die uns alle schützt vor der Wahrheit, dass wir alle ein bisschen zerbrochen sind.

Manchmal möchte ich die echte Antwort geben: „Es geht mir wie einem Sternenhimmel bei Tageslicht – da, aber unsichtbar. Schön, aber verborgen. Voller Licht, das niemand sieht.“

Aber dann lächle ich und sage wieder „gut“, weil die Wahrheit manchmal zu groß ist für einen Dienstagnachmittag im Supermarkt an der Kasse, wo die nächste Person bereits wartet.

Später, zu Hause, schreibe ich dir eine Nachricht: „Wie geht es dir wirklich?“ und lösche sie wieder, weil ich weiß, dass auch du „gut“ antworten wirst, und wir beide wissen, dass das okay ist.

Manchmal ist „gut“ die mutigste Antwort, die wir geben können.

Sternschnuppenwünsche

Nach einer Nacht auf dem Balkon, als der Perseidenschauer alle Träume wahr werden ließ – für fünf Minuten

Ich habe aufgehört, mir etwas zu wünschen, wenn Sterne fallen.

Nicht aus Zynismus, sondern aus Erfahrung: Die meisten meiner Wünsche sind schon in Erfüllung gegangen, nur anders, als ich dachte.

Ich wünschte mir Liebe und bekam Herzschmerz – aber auch das Gefühl, lebendig zu sein.

Ich wünschte mir Erfolg und bekam Niederlagen – aber auch die Erkenntnis, dass ich stärker bin, als ich glaubte.

Ich wünschte mir Klarheit und bekam Verwirrung – aber auch die Freiheit, neu zu beginnen.

Heute schaue ich Sternschnuppen zu und denke: „Danke.“ Nicht für das, was kommt, sondern für das, was ist.

Für diesen Moment, in dem ich auf dem Balkon sitze, eine warme Tasse in den Händen, und das Universum seine beste Show abzieht nur für mich.

Vielleicht ist das der klügste Wunsch: Dass alles so bleibt, wie es gerade ist, perfekt unvollkommen und wunderschön chaotisch.

Die nächste Sternschnuppe verschwindet, bevor ich überhaupt denken kann. Und ich lächle, weil das Universum seine Geschenke macht, ob wir darum bitten oder nicht.

Montagmorgen-Philosophie

Entstanden in der S-Bahn, irgendwo zwischen Schlaf und Wachsein

Montage sind wie erste Dates – man weiß nie, was einen erwartet, aber irgendwie hofft man auf das Beste.

Die Woche liegt vor mir wie ein unbeschriebenes Blatt, und ich bin der Autor, der noch keinen Plan hat, aber trotzdem den Stift in die Hand nimmt.

Im Zug sitzt eine Frau, die in ihr Handy weint. Leise, fast unhörbar, aber ihre Schultern erzählen die ganze Geschichte von Samstagnacht-Entscheidungen und Sonntagmorgen-Reue.

Ein Mann liest Zeitung und schüttelt bei jeder Schlagzeile den Kopf, als könnte er die Welt dadurch in Ordnung bringen.

Ein Teenager hört Musik so laut, dass ich die Hoffnung in seinen Beats spüre, die Wut in seinen Texten, die ganze Ungeduld des Jungseins.

Wir alle fahren in dieselbe Richtung, aber jeder trägt seinen eigenen Montag mit sich herum – schwer wie einen Koffer voller unerfüllter Sonntagabend-Versprechen.

„Diese Woche wird anders“, haben wir uns gesagt. „Diese Woche fange ich an, Sport zu machen, gesünder zu essen, netter zu sein, mehr zu träumen.“

Aber Montage sind ehrlich: Sie zeigen uns, wer wir sind, nicht wer wir sein wollen. Und manchmal ist das enttäuschend, manchmal überraschend, aber immer menschlich.

Der Zug hält. Türen gehen auf. Menschen steigen aus in ihre Montage, in ihre Leben, in ihre Geschichten, die heute ein neues Kapitel bekommen.

Ich auch.

Küchenphilosophie

Beim Zwiebelschneiden entstanden – Tränen inklusive

In meiner Küche passieren die wichtigsten Gespräche meines Lebens.

Beim Gemüseschneiden reden wir über Träume, beim Kochen über Ängste, beim Abwaschen über die großen Fragen des Lebens: Warum gibt es Krieg? Ist Liebe eine Entscheidung? Warum kleben meine Nudeln immer zusammen?

Die Küche ist der ehrlichste Raum im Haus. Hier kann man nicht so tun, als hätte man alles unter Kontrolle – irgendetwas brennt immer an, läuft über oder schmeckt nach nichts.

Wie das Leben.

Heute schneide ich Zwiebeln und weine. Nicht nur wegen der Zwiebeln, auch wegen der Nachricht von gestern, dem Streit von vorgestern, der Angst vor morgen.

Aber während ich weine, denke ich auch: Wie schön, dass es Zwiebeln gibt, die uns eine Ausrede geben für all die Tränen, die wir sonst nicht weinen würden.

Das Essen wird gut. Nicht perfekt, aber gut. Wie die meisten Dinge in meinem Leben.

Später sitze ich am Tisch mit Menschen, die ich liebe, und wir reden über alles und nichts, während das Essen kalt wird und uns das egal ist, weil dieser Moment wichtiger ist als warme Nudeln.

In der Küche passieren keine Wunder, aber kleine Magie: Aus einfachen Zutaten wird Nahrung, aus Fremden werden Freunde, aus einem gewöhnlichen Abend wird eine Erinnerung.

Später räume ich auf und denke: Morgen koche ich wieder. Morgen gibt es neue Gespräche, neue Tränen, neue kleine Wunder zwischen Herd und Spüle.

Die Küche wartet.

Regentag-Gedanken

An einem Sonntag, als der Himmel weinte und ich mit ihm

Der Regen klopft an mein Fenster wie ein alter Freund, der weiß, dass ich zu Hause bin und Gesellschaft brauche.

Ich mache auf und lasse ihn herein – nicht körperlich, aber mit all meinen Sinnen: der Geruch von nasser Erde, das Geräusch von Tropfen auf Blättern, die Kühle, die durch die offene Tür kommt.

Regentage sind Geschenke für Introvertierte: Eine Ausrede, drinnen zu bleiben, Tee zu kochen, alte Bücher zu lesen, zu träumen ohne Ziel.

Draußen rennen Menschen mit Zeitungen über dem Kopf, fluchen über das Wetter, als hätte der Himmel sie persönlich beleidigt.

Aber ich mag Regen. Er wäscht die Stadt sauber, macht die Farben satter, erinnert uns daran, dass wir nicht alles kontrollieren können – und das ist okay.

In der Regenrinne sammelt sich das Wasser und wird zu einem kleinen Fluss, der nirgendwo hinführt und trotzdem wichtig ist, weil er fließt.

Wie die Gedanken, die mir durch den Kopf gehen, während ich dem Regen zuhöre: sinnlos und sinnvoll zugleich, ein Fließen ohne Ziel, aber mit Rhythmus.

Später wird die Sonne wieder scheinen, die Pfützen werden verdampfen, die Menschen werden ihre Regenschirme vergessen und sich über die Hitze beschweren.

Aber jetzt ist Regenzeit, und das ist perfekt.

Ich schließe die Augen und höre zu, wie der Himmel seine Geschichten erzählt in einer Sprache, die nur Herzen verstehen.

Abschiedsbrief an die Angst

Nach einer durchwachten Nacht und zu vielen Kaffees

Liebe Angst,

wir kennen uns jetzt schon so lange, dass ich dachte, es wird Zeit für ein ehrliches Gespräch.

Du warst immer da, schon als Kind, wenn ich nicht schlafen konnte, weil Monster unter dem Bett auf mich warteten. Später warst du da vor Prüfungen, ersten Dates, wichtigen Gesprächen.

Du hast mich beschützt, das gebe ich zu. Vor Risiken, vor Enttäuschungen, vor dem Leben selbst. Aber irgendwann wurde aus Schutz ein Gefängnis.

Ich habe zu viele Chancen nicht ergriffen, zu viele Worte nicht gesagt, zu viele Träume nicht geträumt, weil du geflüstert hast: „Was, wenn es schief geht?“

Heute sage ich dir: Was, wenn es gut geht?

Du darfst bleiben – ich weiß, dass du das sowieso tust. Aber du darfst nicht mehr das Steuer übernehmen. Du darfst mitfahren, auf dem Beifahrersitz, aber ich fahre.

Ich werde Fehler machen. Ich werde scheitern. Ich werde mich verletzen und andere verletzen. Das ist der Preis für ein gelebtes Leben, und den bezahle ich gern.

Die Monster unter dem Bett waren nie real. Aber die Träume darüber waren es.

In alter Verbundenheit und neuer Klarheit,

Ich.

P.S.: Danke, dass du mich all die Jahre am Leben gehalten hast. Jetzt lass mich leben.

Mitternachts-Dankbarkeit

Für alle kleinen Wunder, die wir übersehen, wenn es hell ist

Um Mitternacht werden die einfachsten Dinge zu Gedichten:

Das warme Licht in den Fenstern gegenüber, hinter denen Menschen ihre eigenen kleinen Leben leben.

Der Geruch von Kaffee aus der 24-Stunden-Bäckerei, wo jemand arbeitet, während andere träumen.

Das Geräusch meiner Schritte auf dem leeren Bürgersteig, ein einsamer Rhythmus in der schlafenden Stadt.

Ich denke an all die Dinge, für die ich dankbar bin und die ich tagsüber vergesse: Dass mein Herz schlägt, ohne dass ich es fragen muss. Dass meine Lungen atmen, auch wenn ich nicht daran denke. Dass meine Füße mich tragen, wohin ich auch gehen will.

Dass es Menschen gibt, die meinen Namen sagen und dabei lächeln. Dass es Bücher gibt, die mich verstehen. Dass es Musik gibt, die mich heilt.

Mitternacht ist die Stunde der Dankbarkeit für all das, was so selbstverständlich ist, dass wir es für selbstverständlich halten.

Morgen werde ich wieder beschäftigt sein mit wichtigen Dingen, die nicht wichtig sind. Ich werde vergessen, dass jeder Atemzug ein Geschenk ist, jeder Herzschlag ein Wunder.

Aber jetzt, um Mitternacht, erinnere ich mich.

Und das ist genug.

Diese Gedichte sind entstanden in Momenten, in denen das Leben still stand und die Worte kamen. Sie sind nicht perfekt, aber sie sind echt. Wie wir alle.

Falls du sie liest und denkst: „Das kenne ich“, dann haben sie ihren Zweck erfüllt. Wir sind alle Sammler von Momenten, Träumern zwischen Tag und Nacht, Menschen, die versuchen, dem Leben einen Sinn zu geben, indem wir es in Worte fassen.

Manchmal gelingt das. Manchmal nicht. Aber wir versuchen es weiter, weil das Versuchen selbst schon ein Gedicht ist.

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