Die allerkleinste Sorge packt ihren Koffer und geht schlafen

Die allerkleinste Sorge packt ihren Koffer und geht schlafen

Eine winzige, müde Sorge packt ihren Koffer und sucht im Kinderzimmer nach einem Schlafplatz. Eine humorvolle Geschichte übers Schlafengehen.

Es war einmal eine allerkleinste Sorge.

Sie war wirklich winzig, kaum größer als ein Gänseblümchen im Sommer, und sah ein bisschen aus wie ein flauschiger, grauer Wattebausch mit zwei Knopfaugen, die ständig hin und her schauten.

Diese klitzekleine Sorge wohnte in einer gemütlichen Ecke hinter Leos linkem Ohr.

Leo war ein ganz normaler Junge, aber manchmal, besonders abends, wenn alles still wurde, bekam die kleine Sorge viel zu tun.

Heute war so ein Tag gewesen.

Die kleine Sorge hatte sich Sorgen gemacht, ob Leo seine Hausaufgaben richtig gemacht hatte.

Sie hatte sich Sorgen gemacht, weil Leos Zahn ein bisschen wackelte. Was, wenn er rausfiel und unter das Bett rollte?

Sie hatte sich sogar Sorgen um das Frühstück morgen gemacht. Was, wenn die Milch alle war?

Den ganzen Tag war sie hin- und hergeflitzt, hatte leise geseufzt und mit ihren Knopfaugen nervös geblinzelt.

Jetzt lag Leo im Bett und versuchte einzuschlafen, aber die kleine Sorge war immer noch wach.

Doch plötzlich fühlte sich die kleine Sorge ganz, ganz müde.

So müde, wie sich nur eine Sorge fühlen kann, die sich den ganzen Tag gesorgt hat.

Ihre Flauschehaare hingen schlaff herunter, und ihre Knopfaugen konnten kaum noch offenbleiben.

„Puh“, seufzte die kleine Sorge leise. „Ich kann nicht mehr. Ich brauche Schlaf!“

Sorgen schlafen normalerweise nicht. Sie sind ja dazu da, wach zu bleiben und sich… nun ja, Sorgen zu machen.

Aber diese Sorge war anders. Sie war die allerkleinste Sorge, und vielleicht war sie deshalb auch die allermüdeste.

„Ich packe meinen Koffer und suche mir ein Bett“, murmelte sie entschlossen.

Sie fand eine leere Streichholzschachtel unter Leos Bett. Perfekt als Koffer!

Was packt eine Sorge ein, wenn sie schlafen gehen will?

Zuerst faltete sie ein zerknittertes „Was wäre wenn?“-Zettelchen ganz klein zusammen. Das brauchte man ja vielleicht doch noch.

Dann legte sie eine winzige Lupe dazu, mit der sie kleine Dinge ganz groß aussehen lassen konnte. Sehr nützlich für Sorgen!

Ein Ersatz-Seufzer kam auch hinein, falls der erste nicht reichte.

Und als Letztes klaubte sie noch einen Krümel Zweifel vom Boden auf. Man wusste ja nie.

Zufrieden klappte sie die Streichholzschachtel zu. Ihr Koffer war gepackt.

Ganz leise kletterte die allerkleinste Sorge aus Leos Ohr und ließ sich auf das Kopfkissen plumpsen.

Leo drehte sich im Schlaf um. Hui, das war knapp!

Die Sorge rutschte vom Kissen und landete auf dem Teppichboden.

„Wo finde ich nur ein ruhiges Plätzchen zum Schlafen?“, flüsterte sie und zog ihren kleinen Koffer hinter sich her.

Sie tapste unter das Bett. Dort war es dunkel und staubig.

Plötzlich stieß sie gegen etwas Weiches, Großes.

„Hmpf! Wer stört meinen Schönheitsschlaf?“, brummte eine tiefe Stimme.

Es war Willi, der Wollmaus-König, ein riesiger Staubwedel aus Flusen und vergessenen Krümeln.

Die kleine Sorge zitterte ein bisschen. „Entschuldigung, Herr Wollmaus-König. Ich suche nur ein Bett.“

Sie überlegte kurz, ob sie Willi Sorgen machen sollte. „Was wäre wenn… wenn morgen jemand mit dem Staubsauger kommt?“

Aber Willi gähnte nur gewaltig. „Staubsauger? Ach, der brummt nur. Lass mich schlafen.“ Er drehte sich um und schnarchte leise weiter.

Das war also kein guter Schlafplatz.

Die kleine Sorge krabbelte wieder unter dem Bett hervor.

Sie sah das Mondlicht, das durch das Fenster fiel. Vielleicht war es auf der Fensterbank gemütlicher?

Mühsam kletterte sie am Vorhang hoch. Oben lag Schnurri, die Katze, zusammengerollt wie ein Pelzknäuel.

Schnurris Fell sah so weich und warm aus.

„Perfekt!“, dachte die Sorge und versuchte, sich vorsichtig in das dicke Fell zu kuscheln.

Doch Schnurri zuckte im Traum mit dem Schwanz und – schwupps! – fegte sie die kleine Sorge von der Fensterbank.

„Miau… Mäuse…“, murmelte die Katze im Schlaf.

Die Sorge landete unsanft auf dem Boden. „Anscheinend mögen Katzen keine Sorgen im Fell“, stellte sie enttäuscht fest.

Sie zog ihren Koffer weiter, immer auf der Suche nach einem ruhigen Ort.

Unter der Kommode glitzerte etwas im Halbdunkel.

Ein Knopf! Ein schöner, runder Knopf, der wohl von Leos Schlafanzug abgefallen war.

„Hallo?“, piepste die Sorge. „Ist hier noch Platz zum Schlafen?“

Der Knopf antwortete nicht, aber er schien freundlich zu glänzen.

Die Sorge setzte sich neben ihn. „Machst du dir keine Sorgen, dass du verloren bist?“, fragte sie. „Was wäre wenn… wenn dich niemand wiederfindet?“

Der Knopf glänzte nur noch heller. Er schien seine Freiheit zu genießen. Keine Knopflöcher, keine Fäden, einfach nur daliegen und glänzen.

Die Sorge seufzte. Selbst der Knopf machte sich keine Sorgen! Das war ja zum Verrücktwerden. Oder eher zum Müdewerden.

Sie war jetzt so unglaublich müde. Ihre Beinchen taten weh vom Laufen, und ihr Koffer kam ihr plötzlich furchtbar schwer vor.

Ihre Knopfaugen fielen fast zu.

Da sah sie ihn. Mitten auf dem Teppich lag Brumm, Leos alter Teddybär.

Brumm war schon sehr geliebt. Sein Fell war an manchen Stellen dünn, ein Ohr hing ein bisschen schief, aber er sah unendlich gemütlich aus.

Die kleine Sorge nahm all ihre letzte Kraft zusammen und kletterte auf Brumms dicken, weichen Bauch.

Es war warm dort und roch ein bisschen nach Leo und nach Geborgenheit.

Brumm rührte sich nicht. Er schien nichts dagegen zu haben. Teddybären sind ja dafür bekannt, dass sie gut zuhören und auch mal eine kleine Sorge aushalten können.

Die allerkleinste Sorge öffnete ihren Koffer, die Streichholzschachtel.

Sie holte ihren Ersatz-Seufzer heraus und seufzte einmal ganz tief und erleichtert. Ahhh.

Dann rollte sie sich auf Brumms Bauch zusammen, zog eine kleine Fellfluse als Decke über sich und schloss ihre Knopfaugen.

Sie dachte nicht mehr an Hausaufgaben, an wackelnde Zähne oder an fehlende Milch.

Sie war einfach nur müde.

Und zum allerersten Mal in ihrem Leben schlief die allerkleinste Sorge ein.

Sie schnarchte sogar ein ganz, ganz leises Geräusch, wie das Summen einer winzigen Mücke.

Und in seinem Bett spürte Leo plötzlich, wie das kleine, kribbelige Gefühl hinter seinem Ohr verschwand.

Er atmete tief durch, kuschelte sich in sein Kissen und schlief ebenfalls friedlich ein.

Die allerkleinste Sorge aber schlief tief und fest auf Brumms Bauch, den kleinen Koffer neben sich, und träumte vielleicht zum ersten Mal keinen sorgenvollen Traum, sondern etwas Schönes. Vielleicht von Schäfchenwolken, die keine Sorgen kannten.