
Eine Schachtel Buntstifte erwacht nachts zum Leben und malt heimlich einen magischen Regenbogen an die Wand eines schlafenden Jungen. Humorvoll!
In einem Kinderzimmer, das voller Spielzeug, Bücher und kleiner Geheimnisse steckte, lebte eine Schachtel mit Buntstiften.
Tagsüber gehörten sie Max, einem Jungen mit wuscheligen Haaren und einer Fantasie so bunt wie die Stifte selbst.
Aber nachts, wenn Max schlief und der Mond durch das Fenster spähte, erwachten die Stifte zum Leben.
Da war Rot, ein kräftiger Stift, der sich gerne für den Anführer hielt. Er war mutig, manchmal etwas laut, aber immer voller Tatendrang.
Blau war ruhiger, ein Denker. Er liebte es, über tiefe Ozeane und weite Himmel nachzudenken und seufzte manchmal ohne ersichtlichen Grund.
Gelb war der Sonnenschein der Truppe, immer fröhlich, optimistisch und hüpfte oft vor lauter guter Laune auf und ab.
Grün war naturverbunden und praktisch veranlagt. Er kannte die besten Wege über den Schreibtisch-Dschungel und wusste immer, wie man etwas repariert (meistens mit einem Klecks Wachs).
Orange war voller Energie, manchmal ein bisschen tollpatschig, stolperte über seine eigene Spitze, brachte aber alle zum Lachen.
Lila war geheimnisvoll und künstlerisch, liebte schattige Ecken und träumte davon, einmal die Nordlichter zu malen.
Rosa war sanft und fürsorglich, achtete darauf, dass niemand zurückblieb und tröstete, wenn ein Stift mal eine Delle bekam.
Braun war bodenständig und stark, der Fels in der Brandung, auf den man sich verlassen konnte.
Schwarz war der stille Beobachter, sprach nicht viel, aber seine Linien gaben allem Kontur und Form.
Und dann war da noch Weiß. Weiß fühlte sich oft übersehen. Was konnte man schon mit Weiß malen? Er saß meistens still in der Ecke der Schachtel.
In dieser besonderen Nacht schaute Gelb aus der offenen Schachtel zum Fenster hinaus.
Der Mond war eine blasse Scheibe am dunklen Himmel.
„Oh“, seufzte Gelb, „der Himmel sieht heute so… so… leer aus! So ohne Farbe!“
Rot reckte seine Spitze. „Leer? Das darf nicht sein! Nicht, solange es uns gibt! Wir könnten etwas Großartiges malen, um ihn aufzuheitern!“
Blau murmelte nachdenklich: „Vielleicht einen tiefen, blauen Ozean voller Geheimnisse?“
Grün schlug vor: „Oder einen dichten, grünen Wald mit hohen Bäumen?“
Gelb hüpfte aufgeregt auf und ab. „Nein, nein, nein! Etwas viel Bunteres! Etwas, das alle Farben hat! Einen Regenbogen!“
Ein zustimmendes Raunen ging durch die Schachtel. Ein Regenbogen! Das war eine fantastische Idee!
„Aber wie?“, fragte Rosa leise. „Wir kommen doch gar nicht an den Himmel ran.“
Rot überlegte kurz, dann verkündete er stolz: „Wir malen ihn einfach hier! Auf die größte freie Fläche, die wir finden können!“
Ihr Blick fiel auf die große, weiße Wand neben Max’ Bett.
„Perfekt!“, rief Rot. „Stifte, hört auf mein Kommando! Mission Regenbogen beginnt! Schleicht euch raus!“
Leise, so leise sie konnten, kletterten die Stifte aus ihrer Schachtel.
Der Weg vom Schreibtisch zum Boden war das erste Hindernis.
„Ich mach den Anfang!“, rief Orange und kugelte mutig über die Kante… nur um mit einem leisen Klack auf einem Spielzeugauto zu landen und dann auf den Teppich zu purzeln. „Upsi!“
„Pssssst!“, zischte Schwarz. „Max schläft doch!“
Braun half den kleineren Stiften wie Rosa und Gelb, sicher nach unten zu gelangen, indem er sich als stabile Brücke anbot.
Sie überquerten den Teppich, der sich wie ein riesiges, flauschiges Feld anfühlte, wichen einem vergessenen Legostein aus (sehr gefährlich!) und erreichten schließlich die Wand.
„So“, kommandierte Rot. „Die Reihenfolge ist klar! Ich beginne!“
Er drückte seine rote Spitze gegen die Wand und begann, den obersten Bogen zu malen. Es war viel schwieriger als auf Papier.
Die Wand war rau, fast ein bisschen kitzelig.
„Puh, anstrengend“, keuchte Rot, als er fertig war.
Dann war Orange an der Reihe. Er malte seinen Bogen etwas wackelig, weil er immer noch ein bisschen vom Sturz benommen war.
Gelb summte ein fröhliches Lied, während es seinen sonnigen Streifen hinzufügte.
Grün malte sehr sorgfältig und gerade, wie es seine Art war.
Blau malte seinen Bogen und seufzte dabei tief. „Ach, die unendliche Weite des Blaus… erinnert mich an den Himmel, den wir erreichen wollten.“
Lila fügte den letzten Bogen mit künstlerischem Schwung hinzu, ein tiefes, sattes Violett.
Sie traten alle einen Schritt zurück (oder rollten eher zurück) und betrachteten ihr Werk.
„Hmm“, machte Grün. „Es ist… bunt. Aber irgendetwas fehlt.“
„Es leuchtet nicht!“, klagte Gelb. „Ein Regenbogen muss doch leuchten!“
Da räusperte sich Weiß, der bisher nur zugeschaut hatte. „Vielleicht… vielleicht kann ich helfen?“
Die anderen Stifte drehten sich überrascht um. Weiß?
„Was willst du denn machen?“, fragte Rot etwas skeptisch.
„Ich weiß nicht genau… vielleicht einfach… so?“, murmelte Weiß und rollte ganz sanft über die Ränder, wo die Farben aufeinandertrafen.
Und dann passierte etwas Magisches.
Wo Weiß die Farben berührte, verschmolzen sie ganz leicht miteinander. Die harten Kanten wurden weicher. Und durch das Weiß schienen die Farben im fahlen Mondlicht, das durchs Fenster fiel, plötzlich sanft zu leuchten.
Ein Hauch von Glanz lag auf dem Regenbogen.
„Wow!“, flüsterte Rosa ehrfürchtig. „Weiß, du bist ja magisch!“
Gelb hüpfte. „Er leuchtet! Er leuchtet wirklich!“
Weiß wurde ganz warm ums Wachs herum. Er hatte etwas Besonderes getan!
Plötzlich raschelte es im Bett. Max bewegte sich!
„Alarm!“, keuchte Rot. „Alle Mann zurück in die Schachtel! Sofort!“
Ein wildes Durcheinander entstand. Die Stifte stolperten und rollten so schnell sie konnten zurück zum Schreibtisch.
Braun schob die anderen die Tischbeine hoch. Orange fiel fast wieder runter. Sie hechteten in die Schachtel, gerade als Max sich aufsetzte und sich die Augen rieb.
Er blinzelte verschlafen in sein Zimmer, das vom Mondlicht erhellt wurde.
Sein Blick fiel auf die Wand.
Seine Augen wurden groß.
Da, direkt neben seinem Bett, leuchtete sanft ein wunderschöner Regenbogen.
Er sah so weich und traumhaft aus.
Ein Lächeln huschte über Max’ Gesicht. „Ein Regenbogen…“, murmelte er glücklich. „In meinem Zimmer…“
Er kuschelte sich wieder unter seine Decke und schlief sofort wieder ein, mit Träumen voller Farben.
In der Schachtel lauschten die Buntstifte dem ruhigen Atem von Max.
„Er hat ihn gesehen!“, quietschte Gelb leise.
„Und er hat gelächelt!“, fügte Rosa hinzu, ihr Herz voller Wärme.
Blau murmelte zufrieden: „Unsere Kunst wurde gewürdigt.“
Rot reckte sich, so gut es in der engen Schachtel ging. „Natürlich! War ja auch meine Idee! Und meine Führung!“
Die anderen Stifte verdrehten innerlich die Augen, aber sie waren alle zu müde und zu glücklich, um zu streiten.
Sie hatten heimlich einen Regenbogen gemalt, und er hatte Max Freude bereitet.
Eng aneinander gekuschelt schliefen auch die Buntstifte ein, erschöpft von ihrem nächtlichen Abenteuer und schon gespannt darauf, was die nächste Nacht bringen würde.