
Ein Kind entdeckt ein kitzeliges, frierendes Monster unterm Bett, das nur die Decke klaut. Eine lustige Geschichte über Mut und Freundschaft.
Leo kuschelte sich tiefer in sein Bett. Draußen war es schon ganz dunkel, nur der Mond warf einen schmalen Streifen Licht durchs Fenster direkt auf die Fußspitze von Leos Bettdecke.
Es war ein gemütlicher Abend. Mama hatte eine Geschichte von mutigen Rittern vorgelesen, Papa hatte das Nachtlicht angeknipst – ein kleiner, freundlicher Stern – und beide hatten einen Gutenachtkuss auf Leos Stirn gedrückt.
Jetzt lag Leo da, die Augen fielen ihm schon fast zu. Er zog die Decke bis unters Kinn. Sie war weich und warm, seine absolute Lieblingskuscheldecke mit den aufgedruckten Raumschiffen.
Gerade als Leo ins Land der Träume abdriften wollte, spürte er etwas.
Ein leichtes Ziehen.
Seine Decke rutschte ein kleines Stückchen nach unten, weg von seinem Kinn.
„Hm?“, murmelte Leo schlaftrunken und zog sie wieder hoch.
Er schloss die Augen. Atmete tief durch. Der Sandmann war bestimmt schon unterwegs.
Da war es wieder! Ein deutlicheres Ziehen diesmal. Die Decke rutschte bis zu seiner Brust.
Leo runzelte die Stirn. Das war komisch. Normalerweise blieb seine Decke genau da, wo er sie hinlegte.
Er packte den Rand der Decke mit beiden Händen fest. „Meine Decke“, murmelte er leise in die Stille des Zimmers.
Plötzlich zog es stärker! Richtig kräftig! Fast wäre ihm die Decke aus den Händen gerutscht.
Leos Herz fing an, ein bisschen schneller zu klopfen. Was war das?
Er lauschte angestrengt. Kein Geräusch. Nur das leise Summen des Sternen-Nachtlichts.
Er hielt den Atem an. War da jemand?
„Hallo?“, flüsterte er ganz leise. So leise, dass es kaum zu hören war.
Keine Antwort.
Aber dann… hörte er es doch? Ein ganz, ganz leises… Kichern? Oder war das nur der Wind draußen?
Nein, das klang nicht wie der Wind. Es klang… kitzlig.
Leos Herz machte einen kleinen Hüpfer. Papa hatte gesagt, es gibt keine Monster unterm Bett. Mama auch. Aber… was zog dann an seiner Decke?
Er musste nachsehen. Auch wenn ihm ein bisschen mulmig war.
Ganz langsam, Millimeter für Millimeter, schob sich Leo zur Bettkante. Sein Herz pochte jetzt wie eine kleine Trommel.
Er spähte vorsichtig über den Rand, nach unten in die Dunkelheit unter seinem Bett.
Zuerst sah er nichts als Schatten. Staubflusen vielleicht. Einen vergessenen Socken?
Doch dann blinzelte er. Und dann sah er sie.
Zwei riesige, runde Augen starrten ihn an! Sie leuchteten schwach im Dunkeln und waren… lila!
Große, kullernde, neugierige lila Augen.
Und um die Augen herum war… Fell! Zotteliges, flauschiges, ebenfalls lila Fell!
„Huch!“, entfuhr es Leo erschrocken.
„Huch zurück!“, piepste eine lustige, quiekende Stimme von unten. „Du hast mich aber erschreckt!“
Langsam schob sich der Rest des Wesens unter dem Bett hervor. Es war nicht besonders groß, vielleicht so wie Leos Schulranzen. Es war über und über mit diesem wuscheligen, lila Fell bedeckt, hatte zwei kurze Beinchen, zwei lange, schlaksige Arme mit kitzeligen Fingern und eben diese riesigen, freundlich blickenden Kulleraugen.
Es sah ein bisschen aus wie ein explodierter lila Staubwedel auf Beinen.
„Wer… wer bist du?“, fragte Leo, immer noch ein wenig zittrig, aber auch furchtbar neugierig.
Das lila Wesen machte einen kleinen Knicks, soweit das mit dem vielen Fell möglich war. „Ich bin das Kitzelmonster! Aber Pssst!“, es legte einen seiner kitzeligen Finger an seine nicht vorhandenen Lippen. „Nicht so laut!“
„Ein Kitzelmonster?“, flüsterte Leo zurück. „Und… du ziehst an meiner Decke?“
Das Kitzelmonster nickte eifrig und zupfte verlegen an einem seiner lila Fellzottel. „Ja… entschuldige. Aber sie sah so unglaublich warm und kuschelig aus.“ Es machte eine Pause und rieb sich die Arme. „Und mir ist sooo kalt hier unten auf dem Fußboden. Brrr!“ Es schüttelte sich einmal kräftig, dass die Fellzottel nur so flogen.
Leo schaute das zitternde Monster an. Es sah gar nicht gefährlich aus. Eher… flauschig und ein bisschen verloren.
„Aber das ist meine Lieblingsdecke“, sagte Leo bestimmt.
„Ich weiß!“, quiekte das Kitzelmonster. „Und sie ist wunderschön! Mit Raumschiffen! Ich liebe Raumschiffe! Fliegen die auch zum Kitzelplaneten?“ Es hüpfte aufgeregt auf der Stelle. „Aber ich wollte ja nur eine klitzekleine Ecke. Nur zum Wärmen. Teilen ist doch nett, oder?“ Es wackelte hoffnungsvoll mit seinen buschigen lila Augenbrauen.
Leo überlegte. Teilen war nett, das stimmte. Und dem Monster war offensichtlich wirklich kalt.
„Warum heißt du Kitzelmonster?“, fragte Leo dann.
Die lila Augen des Monsters blitzten verschmitzt auf. „Na, weil das meine absolute Lieblingsbeschäftigung ist! Pass auf!“
Und bevor Leo reagieren konnte, schnellte ein langer, kitzeliger Finger unter der Bettkante hervor und killekillekille… kitzelte Leos Fußsohle, die gerade ein Stückchen unter der Decke hervorschaute.
Leo zuckte zusammen und prustete los. „Hihihi! Hör auf! Das kitzelt!“ Er zog seinen Fuß schnell unter die Decke, aber er musste immer noch kichern.
„Siehst du?“, sagte das Kitzelmonster stolz und klopfte sich auf die flauschige Brust. „Ich bin der beste Kitzler diesseits vom Mond! Macht doch Spaß, oder?“ Es grinste breit, was man unter dem vielen Fell aber nur erahnen konnte.
„Ja, schon“, gab Leo kichernd zu. „Aber jetzt ist Schlafenszeit. Nicht Kitzelzeit.“
„Aber mir ist immer noch kalt“, jammerte das Monster leise und zog die Schultern hoch, sodass es fast wie ein lila Ball aussah.
Leo seufzte. Er konnte das zitternde Fellknäuel doch nicht einfach so frieren lassen. Er war vielleicht kein Ritter wie in Mamas Geschichte, aber ein bisschen mutig und nett konnte er auch sein.
„Na gut“, sagte Leo nach kurzem Nachdenken. „Wir können teilen. Aber wirklich nur eine kleine Ecke, verstanden? Und kein Gezuppel mehr!“
„Jaaaa! Oh, danke, danke, danke!“, jubelte das Kitzelmonster leise und klatschte in seine kitzeligen Hände. „Eine warme Ecke! Nur für mich! Du bist der Beste!“
Leo schob vorsichtig eine Ecke seiner Raumschiff-Decke über den Bettrand, sodass sie bis auf den Boden reichte.
Schnell krabbelte das Kitzelmonster darunter und kuschelte sich in den weichen Stoff. Ein wohliges Seufzen war zu hören. „Oooh, jaaa. Das ist viel besser! Sooo gemütlich! Fast wie auf dem Kitzelplaneten, nur ohne die Kitzel-Kakteen.“
„Aber versprich mir, dass du mich heute Nacht nicht mehr kitzelst“, mahnte Leo.
„Versprochen!“, sagte die Stimme unter der Decke. „Ehren-Kitzelmonster-Wort! Außer…“, eine kurze Pause, „…außer du hast einen Albtraum! Dann komme ich und kitzle den bösen Traum einfach weg! Zack! Weggekitzelt!“
Leo musste lächeln. Ein eingebauter Albtraum-Wegkitzler unter dem Bett. Das war ja eigentlich ziemlich praktisch.
Er kuschelte sich wieder unter seine Decke. Sie war immer noch warm und gemütlich, auch wenn eine Ecke jetzt fehlte. Es fühlte sich seltsam an, zu wissen, dass da unten ein lila Kitzelmonster wohnte. Aber es war kein beängstigendes Gefühl mehr. Eher ein… lustiges, geheimnisvolles Gefühl.
Von unter dem Bett hörte er ein leises, zufriedenes Summen. Es klang ein bisschen wie ein alter Fön auf der niedrigsten Stufe, aber irgendwie beruhigend.
Leo gähnte. Die Augen wurden ihm wieder schwer.
Die Decke blieb, wo sie war. Kein Ziehen, kein Zuppeln.
Nur das leise Summen von unten und das sanfte Licht des Sternen-Nachtlichts.
Leo schloss die Augen und schlief ein. Warm, sicher und mit einem neuen, sehr flauschigen und ziemlich kitzeligen Freund direkt unter seinem Bett.