
Leo entdeckt, dass seine nervig quietschende Nachttischlampe ein winziges, lustiges Geheimnis birgt. Eine Gute-Nacht-Geschichte über Neugier.
Leo kuschelte sich tiefer in seine Bettdecke.
Draußen war es schon ganz dunkel, nur der Mond warf einen schmalen Streifen Licht durch das Fenster.
Neben seinem Bett stand seine treue Nachttischlampe.
Sie hatte einen bauchigen Fuß und einen Schirm, der aussah wie ein Hut.
Leo mochte seine Lampe sehr, aber heute Nacht… heute Nacht war sie unerträglich.
Quietsch!
Da war es wieder.
Ein leises, aber unglaublich nerviges Geräusch.
Es klang ein bisschen wie eine Maus, die versucht, Oper zu singen, aber heimlich und sehr, sehr schlecht.
Leo drehte sich vorsichtig auf die andere Seite.
Quietsch!
Er stöhnte leise.
Die Lampe stand doch ganz still! Wie konnte sie quietschen?
Er blinzelte in die Dunkelheit und betrachtete den Lampenhals.
Sah ganz normal aus.
Vielleicht war es der Wind? Ein winziger Luftzug vom Fenster?
Leo hielt den Atem an und lauschte.
Stille.
Er atmete erleichtert aus.
Quietsch!
„Och nö!“, murmelte Leo in sein Kissen. „Kannst du nicht einfach mal Ruhe geben?“
Er setzte sich auf und knipste die Lampe an.
Ein warmes, gelbes Licht erfüllte den kleinen Kreis um sein Bett.
Er beugte sich vor und wackelte vorsichtig am Lampenschirm.
Nichts.
Er rüttelte am Lampenfuß.
Stille.
Er drehte die Glühbirne ein kleines bisschen fester.
Immer noch kein Quietschen.
„Na also“, dachte Leo zufrieden. „Problem gelöst.“
Er knipste die Lampe wieder aus und legte sich hin.
Er schloss die Augen.
Ein sanfter Luftzug strich durchs Zimmer, kaum spürbar.
Quietsch!
Leo stöhnte lauter.
„Das gibt’s doch nicht! Bist du irgendwie… kitzelig?“, flüsterte er der Lampe zu.
Er musste unwillkürlich grinsen.
Eine kitzelige Lampe.
Was für ein Quatsch.
Aber… was, wenn doch?
Er stupste den Lampenfuß ganz sanft an.
Quietsch!
Er stupste den Schirm.
Quietsch!
„Okay“, murmelte Leo. „Du quietschst also, wenn man dich bewegt. Aber warum?“
Er knipste das Licht wieder an.
Diesmal schaute er genauer hin.
Er untersuchte das Gelenk, dort wo der flexible Arm am Fuß befestigt war.
Es war ein bisschen staubig.
Leo pustete vorsichtig.
Der Staub wirbelte auf und tanzte im Lichtkegel.
Und dann sah er es.
Etwas Winziges, fast Unsichtbares.
Ein hauchdünnes Spinnennetz, nicht größer als sein kleiner Fingernagel, direkt im Gelenk.
Und mitten in diesem Netz saß… eine Spinne.
Aber was für eine!
Sie war winzig klein, kaum größer als ein Stecknadelkopf, mit dünnen Beinchen.
Sie sah aus, als hätte jemand einen Punkt auf das Metall gemalt.
Leo hielt den Atem an.
Konnte es sein? War diese Mini-Spinne der Grund für das Quietschen?
Er bewegte den Lampenarm einen Millimeter nach links.
Quietsch!
Die kleine Spinne wackelte in ihrem Netz hin und her, als würde sie auf einem Trampolin springen.
Leo musste kichern.
Das war ja unglaublich!
Die Lampe quietschte nicht wirklich.
Es war die winzige Spinne, die in ihrem Netz hin und her geschaukelt wurde und dabei vielleicht… na ja, vielleicht machte sie ja doch ein Geräusch?
Oder vielleicht war es nur das Netz, das am Metall rieb?
Egal!
Das Quietschen war plötzlich gar nicht mehr nervig.
Es war… lustig.
Es war das Geräusch einer winzigen Spinne, die in ihrer Lampen-Hängematte schaukelte.
„Hallo kleine Spinne“, flüsterte Leo. „Ich nenne dich Quietschi.“
Quietschi die Spinne saß still in ihrem Netz und putzte sich vielleicht gerade eines ihrer acht Beinchen.
Leo betrachtete sie fasziniert.
Sie war so klein und hatte sich den gemütlichsten Platz im ganzen Zimmer ausgesucht.
Direkt an der Wärmequelle, geschützt im Gelenk.
Schlaues Kerlchen, dieser Quietschi.
Leo überlegte kurz, ob er die Spinne entfernen sollte.
Mama mochte Spinnen nicht so sehr.
Aber Quietschi war anders.
Quietschi war sein kleines, quietschendes Geheimnis.
Er beschloss, Quietschi wohnen zu lassen.
Er würde nur dafür sorgen, dass drumherum alles sauber blieb, damit Quietschi nicht zu viel Staub abbekam.
Er nahm vorsichtig ein Taschentuch und wischte den Staub um das Gelenk herum weg, ohne das Netz zu berühren.
Quietschi schien das nicht zu stören.
Leo knipste die Lampe wieder aus.
Er legte sich zurück ins Bett und lauschte.
Ein leichter Luftzug.
Quietsch!
Leo lächelte im Dunkeln.
„Gute Nacht, Quietschi“, flüsterte er.
Das Geräusch war jetzt wie ein kleines Lied.
Ein Schlaflied von seiner Nachttischlampe und ihrem winzigen Bewohner.
Es war kein nerviges Quietschen mehr.
Es war das Zeichen, dass er nicht allein war.
Da war noch jemand wach, ganz klein und gemütlich in seinem Netz.
Leo schloss die Augen.
Das leise, vertraute Quietschen wiegte ihn sanft in den Schlaf.
Er träumte von winzigen Spinnen, die auf Lampen-Trampolinen hüpften und dabei lustige Lieder sangen.
Und er wusste, dass seine Nachttischlampe von nun an die beste und geheimnisvollste Lampe der Welt war.