Als Kater Minka die Sterne vom Dach angeln wollte

Als Kater Minka die Sterne vom Dach angeln wollte

Der neugierige Kater Minka hält Sterne für Fische und versucht vergeblich, sie mit einer Angel vom Dach zu holen. Eine humorvolle Nachtgeschichte.

Kater Minka war ein Kater von Welt. Zumindest dachte er das. Er hatte weiches, getigertes Fell, einen buschigen Schwanz und Augen, die im Dunkeln leuchteten wie kleine, grüne Taschenlampen.

Am liebsten saß Minka nachts auf dem höchsten Dachfirst der Nachbarschaft. Von dort oben konnte er alles sehen: die schlafenden Häuser, die stillen Gärten und vor allem den riesigen, dunklen Himmel.

An diesem Abend war der Himmel besonders klar. Tausende von winzigen Lichtern funkelten und blinkten über ihm. Minka blinzelte. Er leckte sich nachdenklich über die Schnauze.

Was waren das nur für Dinger da oben?

Sie sahen ein bisschen aus wie die glitzernden Fische im Gartenteich von Frau Weber, nur viel kleiner und viel, viel heller. Und sie schwammen nicht im Wasser, sondern… na, eben da oben.

Himmelsfische!“, murmelte Minka in seinen Schnurrbart. „Bestimmt schmecken die ganz besonders lecker. Knusprig und funkelnd.“

Der Gedanke ließ ihn nicht mehr los. Ein Himmelsfisch! Den musste er haben!

Aber wie? Sie waren so hoch oben.

Er reckte sich, stellte sich auf die Hinterpfoten und machte einen gewaltigen Sprung. Seine Vorderpfoten platschten durch die Luft, aber er erwischte nur… Luft. Und landete mit einem kleinen „Plopp“ wieder auf den Dachziegeln.

„Hm“, machte Minka. „Springen reicht nicht.

Er spähte umher. Sein Blick fiel auf etwas Langes, Dünnes, das neben dem Schornstein lehnte. Es war die alte Angelrute vom Nachbarsjungen Leon, der sie dort oben vergessen hatte.

Perfekt!“, dachte Minka. Katzen sind zwar nicht dafür bekannt, gut angeln zu können, aber Minka war ja auch ein besonderer Kater. Dachte er.

Er zerrte und zupfte an der Angelrute, bis er sie irgendwie vor sich auf dem Dach liegen hatte. Sie war viel zu lang und unhandlich. Der Haken baumelte an der Schnur.

Mit viel Mühe und einigen verdrehten Pfoten schaffte es Minka, die Rute ein wenig anzuheben. Er schwang sie unbeholfen durch die Luft, zielte auf den hellsten Stern direkt über ihm und… warf aus!

Die Schnur sauste durch die Nacht. Aber anstatt einen Stern zu fangen, verfing sich der Haken hoffnungslos in der alten Fernsehantenne auf dem Nachbardach.

„Miau!“, fluchte Minka leise und zog an der Schnur. Nichts tat sich. Die Antenne wackelte nur bedrohlich.

Plötzlich raschelte es über ihm. Uhu Klaus, der auf dem Schornstein döste, öffnete ein riesiges, gelbes Auge.

„Na, Minka? Nachts auf Fischfang im Himmel?“, fragte er mit seiner tiefen, schläfrigen Stimme.

„Ja!“, fauchte Minka frustriert. „Aber die Himmelsfische beißen nicht an! Und jetzt hängt meine Angel fest!“

Uhu Klaus gähnte herzhaft. „Himmelsfische… tsts… Das sind Sterne, du kleiner Fellknäuel. Sterne! Die kann man nicht angeln.

„Sterne?“, fragte Minka verwirrt. „Sind das keine Fische?“

„Nein“, sagte der Uhu. „Das sind riesige Feuerbälle, Millionen Meilen entfernt. Viel zu weit weg und viel zu heiß zum Fangen.“

Enttäuschung machte sich in Minkas kleinem Katzenherzen breit. Keine knusprigen Himmelsfische?

„Aber sie glitzern doch so schön“, maunzte er leise.

„Das tun sie“, sagte Uhu Klaus etwas freundlicher. „Manchmal sind die schönsten Dinge die, die man nur anschauen kann.

In diesem Moment raschelte es unten am Dachrand. Igel Borstel, der gerade auf dem Weg zu einem späten Apfelsnack war, blickte mürrisch nach oben.

„Was ist denn hier für ein Lärm?“, brummte er. „Ein Kater versucht, die Sterne zu angeln, und ein Uhu hält eine Vorlesung. Kann ein Igel hier nicht mal in Ruhe seine Äpfel suchen?

Minka hatte eine neue Idee. Wenn Sterne keine Fische waren und man sie nicht angeln konnte… vielleicht konnte man sie anders herunterholen?

„Herr Borstel!“, rief Minka. „Sie haben doch Stacheln! Können Sie nicht hochklettern und einen Stern für mich herunterpieksen?

Igel Borstel schnaubte empört. „Ich soll auf dieses wackelige Dach klettern? Und mich an einem Feuerball stechen? Du hast wohl zu viel Katzenminze geschnüffelt!“ Er trollte sich kopfschüttelnd davon.

Minka seufzte. Es war also aussichtslos. Keine Himmelsfische, keine gepieksten Sterne.

Er ließ die nutzlose Angelrute liegen und setzte sich wieder auf seinen Lieblingsplatz auf dem Dachfirst. Die Fernsehantenne wackelte immer noch ein bisschen.

Uhu Klaus hatte seine Augen wieder geschlossen, aber Minka wusste, dass er lauschte.

Langsam begann der Himmel im Osten heller zu werden. Das tiefe Schwarz wich einem zarten Grau, dann einem blassen Rosa und schließlich einem leuchtenden Orange.

Die Sterne wurden blasser und verschwanden einer nach dem anderen, als die Sonne aufging.

Minka staunte. Das war ja noch viel schöner als die funkelnden Punkte!

Er hatte zwar keinen Stern gefangen, aber er hatte etwas Wunderbares gesehen. Uhu Klaus hatte recht gehabt. Manchmal war Anschauen das Allerbeste.

Er rollte sich gemütlich zusammen, legte den Kopf auf die Pfoten und schloss die Augen. Die ersten warmen Sonnenstrahlen kitzelten sein Fell.

Er träumte von riesigen, glitzernden Fischen, die nicht am Himmel schwammen, sondern in einem Fluss aus Sonnenlicht. Und dieses Mal brauchte er keine Angel, um sie zu bewundern.

Und die Angelrute? Die hing noch tagelang an der Fernsehantenne, bis Leon sie endlich mit Papas Hilfe herunterholte und sich wunderte, wie sie nur dort hingekommen war.