
Ein kleiner Brotkrümel namens Bert erlebt eine aufregende Reise durch die riesige Landschaft eines Bettlakens. Neugierig und witzig!
Bert war kein gewöhnlicher Brotkrümel.
Oh nein, Bert stammte von einem besonders knusprigen, goldbraunen Sauerteigbrot, das an diesem Morgen auf dem Küchentisch thronte wie ein König auf seinem Hügel.
Bert fühlte sich daher auch ein kleines bisschen königlich.
Er saß am Rand der Brotscheibe, sonnte sich im Streifen Licht, der durchs Fenster fiel, und blickte stolz auf seine Krümel-Kollegen hinab.
„Ein herrlicher Tag, um ein Brotkrümel zu sein!“, dachte er sich und reckte seine winzigen Ecken und Kanten in die Höhe.
Er war gerade dabei, über die wichtigen Dinge des Lebens nachzudenken (zum Beispiel, ob er mehr nach Kruste oder nach Krume schmeckte), als das Unheil geschah.
Ein riesiger, fleischiger Berg – später würde Bert lernen, dass es ein menschlicher Ellenbogen war – rauschte heran und stieß mit voller Wucht gegen das Brotbrett.
Die Welt kippte.
Für einen winzigen Moment schwebte Bert schwerelos in der Luft, sah den Küchentisch unter sich kleiner werden und seine Krümelfreunde erschrocken winken (oder vielleicht war das auch nur der Wind).
Dann begann der Fall.
„Huiiiiiiiii!“, dachte Bert, halb erschrocken, halb aufgeregt. So ein Abenteuer hatte er sich nicht träumen lassen!
Er landete mit einem sanften Plopp auf etwas Weichem und Grauem.
Es war riesig und flauschig und roch ein bisschen nach Staub und Geheimnissen.
„Hallo? Ist da wer?“, piepste Bert vorsichtig.
Ein großes, rundes Etwas mit vielen wuscheligen Haaren drehte sich langsam zu ihm um. Es hatte keine Augen, aber Bert spürte, dass es ihn ansah.
„Wer stört meinen Mittagsschlaf?“, brummte das Ding.
„Ich bin Bert! Ein königlicher Brotkrümel! Und wer bist du? Ein… ein… Staubmonster?“
Das Ding kicherte, was wie ein leises Rascheln klang. „Staubmonster? Nein, du kleiner Knusperling. Ich bin Willi, die Wollmaus. Ich wohne hier unter dem Tisch.“
Bert war fasziniert. Eine Wollmaus! Davon hatte er noch nie gehört.
Doch bevor er weitere Fragen stellen konnte, spürte er eine Erschütterung. Der Boden bebte!
Ein riesiger Fuß in einem noch riesigeren Pantoffel landete direkt neben ihnen.
„Schnell weg!“, zischte Willi und rollte sich geschickt zur Seite.
Bert war wie erstarrt. Er klebte am Pantoffel fest!
Der Pantoffel hob ab, trug Bert durch die Luft, durch einen langen, dunklen Gang (den Flur, wie er später erfuhr) und landete schließlich in einem anderen Raum.
Dieser Raum roch anders. Nicht nach Brot oder Staub, sondern nach… Schlaf? Und vielleicht ein bisschen nach Lavendel.
Der Pantoffel wurde abgestreift und Bert purzelte erneut – diesmal auf eine weite, weiße Ebene.
Sie war weich und wellig, wie eine Landschaft aus sanften Hügeln und Tälern.
„Wo bin ich denn jetzt gelandet?“, murmelte Bert und blickte sich um. „Das muss die berühmte Baumwollwüste sein!“
Er begann seine Erkundungstour.
Er kletterte auf einen riesigen Fadenberg, der sich als Naht des Bettlakens herausstellte. Von oben hatte er eine tolle Aussicht.
Überall weiße Weiten, unterbrochen von geheimnisvollen Falten und Schatten.
In der Ferne sah er etwas Glitzerndes.
Neugierig rutschte Bert den Fadenberg hinunter und machte sich auf den Weg.
Es war anstrengender als gedacht, durch die weichen Fasern zu wandern. Manchmal sank er bis zu den Kanten ein.
Schließlich erreichte er das Glitzerding. Es war eine kleine, runde Paillette, die von einem Kissen gefallen sein musste.
„Hallo?“, fragte Bert.
Die Paillette antwortete nicht. Sie lag nur da und funkelte im schwachen Licht, das vom Nachttisch kam.
„Ganz schön eingebildet“, dachte Bert und wanderte weiter.
Plötzlich hörte er ein leises Schnarchen.
Er folgte dem Geräusch und entdeckte in einer tiefen Falte des Lakens ein winziges Wesen, noch kleiner als er selbst.
Es hatte viele Beinchen und sah aus wie ein durchsichtiger Mini-Käfer.
„Entschuldigung?“, flüsterte Bert.
Das Wesen öffnete ein müdes Auge. „Mh? Was gibt’s? Kann man hier nicht mal in Ruhe schlafen? Ich bin Milbi Müde.“
„Ich bin Bert. Was machst du hier?“
„Schlafen, was sonst?“, gähnte Milbi. „Bettlaken sind der beste Ort zum Schlafen. Schön warm, schön weich… und manchmal gibt’s sogar Hautschüppchen zum Knabbern.“
Bert schauderte leicht. Hautschüppchen klangen nicht so lecker wie Sauerteigbrot.
„Aber ist es hier nicht… gefährlich?“, fragte Bert und dachte an den riesigen Ellenbogen und den Pantoffel.
„Ach was“, sagte Milbi. „Man muss nur aufpassen, wenn der Riese sich bewegt.“
„Der Riese?“
In diesem Moment spürte Bert es. Ein tiefes Grollen erfüllte die Luft, und die ganze Baumwollwüste begann zu beben.
Es war kein Erdbeben wie auf dem Küchenboden. Dies war anders. Langsamer, gewaltiger.
Ein riesiger Schatten fiel über sie.
„Der Riese dreht sich um!“, quiekte Milbi Müde und krabbelte tiefer in seine Falte. „Deckung!“
Bert rannte, so schnell ihn seine Krümelbeinchen tragen konnten. Er hechtete in die nächste Falte, gerade als eine riesige Welle aus Stoff über ihn hinwegrollte.
Sein Herz klopfte wie wild. Das war knapp!
Als das Beben aufhörte, spähte Bert vorsichtig aus seinem Versteck.
Die Landschaft hatte sich verändert. Neue Hügel und Täler waren entstanden.
Er war jetzt ganz allein in einer tiefen, gemütlichen Stoffhöhle.
Es war warm hier drin und roch beruhigend nach dem schlafenden Riesen.
Bert war müde von seiner langen Reise. Vom königlichen Krümel auf dem Tisch zum Abenteurer in der Baumwollwüste.
Er kuschelte sich tiefer in die weiche Falte.
„Eigentlich ist es hier ganz gemütlich“, murmelte er schläfrig. „Vielleicht mache ich ein kleines Nickerchen.“
Er dachte an seine Krümelfreunde auf dem fernen Küchentisch und an Willi, die Wollmaus.
Er dachte an die glitzernde Paillette und an den verschlafenen Milbi Müde.
Was für ein aufregender Tag!
Wer hätte gedacht, dass die Welt so groß und voller Überraschungen war, selbst für einen kleinen Brotkrümel?
Mit einem letzten, zufriedenen Seufzer schloss Bert seine nicht vorhandenen Augen.
Er träumte von riesigen Pantoffeln, die ihn zu neuen Abenteuern trugen, und von weichen, weißen Wüsten, die darauf warteten, entdeckt zu werden.
Und während der Riese im Bett leise weiter atmete, schlief der kleine Brotkrümel Bert tief und fest in seiner gemütlichen Bettlakenfalte, bereit für alles, was der nächste Morgen bringen würde.