Der Schneebesen Sausewind tanzt sich müde

Der Schneebesen Sausewind tanzt sich müde

Ein neugieriger Schneebesen namens Sausewind erlebt nachts in der Küche lustige Tanzabenteuer und findet seinen ganz eigenen Rhythmus.

Tief in der Nacht, als alle Menschen im Haus schliefen und nur der Mond neugierig durch das Küchenfenster blinzelte, wurde es in der Schublade mit den Küchenhelfern plötzlich lebendig.

Da hing Sausewind, der Schneebesen. Tagsüber war er ein ganz normaler Schneebesen. Er half beim Kuchenbacken, rührte Pudding an oder schlug Sahne steif. Das war ja ganz nett, aber auch ein bisschen… nun ja, eintönig.

Immer nur im Kreis drehen, linksrum, rechtsrum. Sausewind träumte von mehr! Er wollte tanzen! Richtig tanzen, wie die Ballerinas im Fernsehen oder die Blätter im Herbstwind.

„Pst!“, flüsterte er seinen Nachbarn zu, dem Holzlöffel Hubert und der Käsereibe Käthe. „Ich halt’s nicht mehr aus! Ich muss tanzen!“

Hubert brummte schläfrig: „Tanz doch morgen im Teig, Sausewind.“

Käthe kicherte leise. „Pass auf, dass du nicht stolperst, du Drahtgestell.“

Aber Sausewind ließ sich nicht beirren. Heute Nacht war die Nacht! Vorsichtig löste er sich vom Haken, an dem er hing. Das war gar nicht so einfach mit all seinen Drähten.

Er benutzte ein herunterhängendes Geschirrtuch als Kletterseil und rutschte langsam auf die Arbeitsplatte hinunter. Hui, das kitzelte!

Unten angekommen, atmete er tief durch. Die Küche sah bei Nacht riesig und geheimnisvoll aus. Der Mond malte silberne Streifen auf den Fliesenboden.

„Perfekt für eine Pirouette!“, dachte Sausewind aufgeregt.

Er nahm Anlauf, sprang… und landete mit einem leisen „Klirr“ auf seinen vielen Drahtfüßen. Er versuchte, sich elegant zu drehen, aber die Arbeitsplatte war glatter als gedacht.

Schwuppdiwupp! Rutschte er aus und schlitterte direkt in… die offene Zuckerdose!

„Hoppla!“, murmelte er, als er sich wieder aufrappelte. Er war über und über mit feinen Zuckerkristallen bedeckt und glitzerte im Mondlicht wie eine Discokugel.

„Na toll“, dachte er. „Ein Zucker-Schneebesen.“ Er schüttelte sich kräftig, aber der Zucker klebte.

Er entdeckte den Wasserhahn, aus dem ganz leise ein Tropfen nach dem anderen fiel. Vorsichtig hielt er sich darunter, nur ganz kurz, um den klebrigen Zucker abzuspülen, ohne ganz nass zu werden.

Frisch geputzt und nur ein kleines bisschen feucht, sah er sich nach einer besseren Tanzfläche um.

Da stand sie! Die große, runde Rührschüssel aus Edelstahl. „Eine Arena! Wie für mich gemacht!“, jubelte Sausewind innerlich.

Mit einem mutigen Sprung landete er platschend in der Schüssel. Sie war riesig von innen!

„Hallo-o-o!“, rief er leise, und das Echo antwortete: „Hallo-o-o-o…“

Er versuchte einen Walzer. Ein Schritt nach links, ein Schritt nach rechts, drehen… KLONG! Sein Drahtkopf stieß gegen den Rand. Er versuchte es langsamer. KLANG! Wieder angestoßen.

Das war ja lauter als gedacht! Jeder seiner Tanzschritte machte „Klirr“, „Klong“ oder „Bong“.

Plötzlich hörte er ein leises Tapsen. Aus dem Dunkel unter dem Tisch tauchten zwei leuchtende Augen auf.

Kater Schnurrbert! Der gestreifte Hauskater streckte sich genüsslich.

Sausewind erstarrte. Was, wenn der Kater ihn für ein neues Spielzeug hielt? Er hielt die Luft an und bewegte keinen einzigen seiner Drähte.

Doch Schnurrbert schien den lärmenden Schneebesen gar nicht zu bemerken. Er gähnte herzhaft, machte einen Buckel, schlich zum leeren Milchnapf, schnupperte enttäuscht und trottete dann gemütlich wieder davon, um sich auf dem weichen Küchenteppich zusammenzurollen.

„Puh!“, atmete Sausewind erleichtert aus. Die Schüssel war wohl doch keine gute Idee.

Sein Blick fiel auf den Obstkorb. Da lagen Äpfel, Bananen und Trauben friedlich beisammen.

„Vielleicht brauche ich Tanzpartner?“, überlegte Sausewind.

Er kletterte geschickt aus der Schüssel und balancierte zum Obstkorb hinüber.

Zuerst versuchte er es mit einer langen, gelben Banane. „Darf ich bitten, gnädige Banane? Einen Tango vielleicht?“

Er umfasste die Banane mit seinen Drähten, aber sie war ganz weich und bog sich nur komisch hin und her. Das sah eher aus wie Wackelpudding-Wackeln als wie Tango. Ein Reinfall.

Nächster Versuch: Ein runder, roter Apfel. „Polka gefällig, Herr Apfel?“

Er stupste den Apfel an, um ihn zum Mittanzen zu bewegen. Aber der Apfel dachte gar nicht daran. Mit einem Ruck rollte er davon, quer über die Arbeitsplatte und fiel mit einem leisen „Plumps“ auf den Teppich neben den schlafenden Kater Schnurrbert. Der Kater zuckte nur kurz mit dem Ohr und schlief weiter.

Sausewind seufzte. Tanzpartner waren auch nicht die Lösung.

Er entdeckte eine kleine, grüne Weintraube. „Vielleicht eine schnelle Ballett-Pirouette?“

Er nahm die Traube vorsichtig zwischen seine Drähte, holte Schwung und drehte sich… schneller und schneller… zu schnell!

Die kleine Traube konnte sich nicht mehr halten und flog in hohem Bogen durch die Luft, zischte über den Tisch und landete – platsch! – direkt in der offenen Safttüte auf dem Frühstückstisch.

Sausewind ließ seine Drähte hängen. Das war doch alles viel schwieriger als gedacht. Tanzen machte ja gar keinen Spaß so. Es war nur anstrengend und klebrig und laut und gefährlich für Obst.

Traurig setzte er sich auf ein dickes Kochbuch mit dem Titel „Torten-Träume“.

Er blickte sich um. Die Küche war still. Nur das leise Tropfen des Wasserhahns und das Schnurren des Katers waren zu hören.

Sein Blick wanderte nach oben, zu dem Mobile, das über dem Kinderstühlchen hing. Kleine Sterne und Monde aus Holz tanzten dort ganz leise im sanften Luftzug, der vom gekippten Fenster kam. Sie drehten sich langsam, schwebten fast.

„So… so kann Tanzen auch sein“, dämmerte es Sausewind. Nicht wild und laut, sondern sanft und leise.

Er entdeckte ein weiches Staubtuch, das jemand auf dem Küchentisch vergessen hatte. Es sah aus wie eine kleine, flauschige Wolke.

Vorsichtig kletterte er vom Kochbuch herunter und auf das Staubtuch.

Er schloss die Augen und stellte sich vor, er wäre einer der Sterne am Mobile. Er begann, sich ganz langsam zu wiegen, hin und her. Seine Drähte schwangen sanft mit und warfen tanzende Schatten im Mondlicht.

Er drehte sich behutsam im Kreis, ganz leise auf dem weichen Tuch. Kein „Klong“, kein „Klirr“, nur das Gefühl des Schwebens. Das fühlte sich gut an. Richtig gut.

Er tanzte und tanzte seinen leisen, sanften Mondscheintanz auf dem Staubtuch, bis seine Drähte ganz müde wurden.

Ein erster blasser Streifen Licht erschien am Horizont. Es wurde Zeit, zurück an seinen Platz zu klettern.

Müde, aber glücklich, zog er sich am Geschirrtuch wieder hoch und hängte sich an seinen Haken zwischen Hubert und Käthe.

„Na, ausgetanzt?“, murmelte Hubert im Halbschlaf.

„Ja“, flüsterte Sausewind zufrieden. „Ich habe getanzt.“

Er kuschelte sich zwischen seine Drähte und schlief sofort ein. Er träumte vom sanften Wiegen im Mondlicht, vom leisen Tanz auf einer Wolke aus Staub, und er wusste: Auch ein Schneebesen kann ein Tänzer sein, auf seine ganz eigene, leise Art.