
Leo entdeckt mit Papa eine geheime Geschichte über den Wichtel Knöpfchen, die sich mit Krümelspuren in seinem Ritterbuch versteckt hat. Humorvoll!
Leo kuschelte sich tief in seine Decke. Draußen war es dunkel, aber in seinem Zimmer leuchtete die kleine Nachttischlampe wie ein freundlicher Mond.
Papa saß auf der Bettkante, ein dickes Buch mit bunten Bildern in der Hand. Es war Leos Lieblingsbuch: „Die Abenteuer des mutigen Ritters Roderich“.
„Bereit?“, fragte Papa und schlug die erste Seite auf.
Leo nickte. Er kannte die Geschichte schon fast auswendig. Ritter Roderich mit seiner glänzenden Rüstung, der tapfer gegen Drachen kämpfte und Prinzessinnen rettete.
Papa begann mit tiefer Stimme zu lesen: „Ritter Roderich zog sein Schwert. Es blitzte im Sonnenlicht, als er rief: ‚Fürchte dich, du grässlicher Drache!‘“
Leo hörte zu, aber seine Augen wanderten über die Seite. Er betrachtete die Burg im Hintergrund, die kleinen Vögel am Himmel und… Moment mal.
Da war etwas. Direkt neben dem gezeichneten Burgtor. Etwas, das er noch nie zuvor bemerkt hatte.
Es sah aus wie eine winzige, winzige Klappe im Papier, kaum größer als sein Fingernagel.
„Papa, halt mal!“, flüsterte Leo aufgeregt.
Papa unterbrach seine Ritterstimme. „Was ist los, mein Schatz?“
„Da!“, Leo tippte mit dem Finger auf die Stelle. „Da ist eine kleine Tür im Bild!“
Papa beugte sich näher. „Eine Tür? Ich sehe nur das Burgtor.“
„Nein, daneben! Ganz klein!“, beharrte Leo. Er spitzte seine Finger und versuchte vorsichtig, die Kante anzuheben.
Und tatsächlich! Es war eine winzige Papierklappe. Sie ließ sich öffnen!
Darunter war eine noch winzigere Zeichnung. Ein kleiner, runder Wichtel mit einer roten Zipfelmütze, der den Finger vor den Mund hielt.
Neben dem Wichtel stand in krakeliger Mini-Schrift: „Pst! Folge den Krümeln!“
Leo und Papa schauten sich mit großen Augen an.
„Was ist das denn?“, murmelte Papa verwirrt, aber auch neugierig. „Das war doch gestern noch nicht da, oder?“
Leo schüttelte den Kopf. Sein Herz klopfte ein bisschen schneller. Das war ja spannender als Ritter Roderich!
„Folge den Krümeln…“, wiederholte Papa nachdenklich. „Wo sollen denn hier Krümel sein?“
Leo blätterte vorsichtig zur nächsten Seite.
Und da waren sie! Ganz am Rand der großen Drachenillustration, fast unsichtbar, zog sich eine winzige Spur gezeichneter Kekskrümel entlang.
„Da!“, rief Leo leise. „Wir müssen den Krümeln folgen!“
Papa lachte leise. „Na gut, kleiner Detektiv. Vergessen wir mal kurz den Drachenkampf. Wohin führen uns die Krümel?“
Die Krümelspur führte quer über die Seite, unter dem Flügel des Drachen hindurch, hinter einen Felsen, auf dem eigentlich ein Zwerg saß.
Leo folgte der Spur mit dem Finger. „Hier entlang…“
Auf der nächsten Seite, wo Ritter Roderich eigentlich die Prinzessin aus einem Turm befreien sollte, führten die Krümel hinter den langen Zopf der Prinzessin.
Und dahinter? Wieder eine winzige Klappe!
Leo öffnete sie. Diesmal war ein winziges Bild von einem Paar schmutziger Stiefelchen zu sehen und der Satz: „Huch, falsches Putztuch erwischt!“
„Falsches Putztuch?“, fragte Papa und kratzte sich am Kopf. „Was hat das denn mit Ritter Roderich zu tun?“
Leo kicherte. „Vielleicht ist das eine ganz andere Geschichte, Papa! Eine geheime Geschichte!“
Sie folgten weiter den Krümeln. Seite für Seite ignorierten sie die Heldentaten des Ritters und konzentrierten sich auf die winzige Spur.
Die Krümel führten durch einen Wald, der auf dem Bild nur im Hintergrund zu sehen war, über eine Brücke, die Roderich nie betreten hatte, und schließlich zu einem großen Baum auf der vorletzten Seite.
Am Fuß des Baumes endete die Krümelspur.
Und dort war die größte Klappe von allen, versteckt hinter einem Busch.
Leo zögerte einen Moment. Was würden sie finden?
Er öffnete die Klappe.
Dahinter saß der kleine Wichtel von der ersten Seite, der mit der roten Zipfelmütze. Er sah ein bisschen zerknittert aus und hielt etwas Glänzendes in der Hand.
Neben ihm stand der letzte winzige Satz: „Ich wollte doch nur meine Stiefel putzen, aber das Ritter-Poliertuch glänzt so schön… Jetzt sucht er mich bestimmt! Danke fürs Verstecken helfen!“
Leo und Papa brachen in Gelächter aus.
„Der kleine Kerl hat Ritter Roderichs Poliertuch geklaut, um seine Matschstiefel zu putzen!“, prustete Papa.
„Er heißt Knöpfchen!“, sagte Leo und zeigte auf eine winzige Unterschrift unter dem Text: „Dein Buchwichtel Knöpfchen“.
„Buchwichtel Knöpfchen…“, wiederholte Papa schmunzelnd. „Also deshalb die ganze Geheimniskrämerei. Er hatte Angst vor Ritter Roderich.“
Leo betrachtete das Bild von Knöpfchen. Er sah gar nicht böse aus, nur ein bisschen tollpatschig.
„Vielleicht sollten wir ihm sagen, dass Roderich gar nicht böse ist, wenn er das Tuch wäscht?“, überlegte Leo.
Papa nickte. „Das ist eine gute Idee. Aber ich glaube, für heute hat sich Knöpfchen genug versteckt.“
Er klappte das Buch vorsichtig zu.
„Das war die seltsamste Gute-Nacht-Geschichte, die ich je gelesen habe“, sagte Papa und strich Leo übers Haar.
Leo gähnte. Er war müde, aber auch glücklich. Es war, als hätte er ein echtes Geheimnis in seinem eigenen Buch entdeckt.
„Glaubst du, Knöpfchen ist in jedem Buch?“, murmelte er schläfrig.
„Wer weiß?“, antwortete Papa leise. „Vielleicht musst du morgen in einem anderen Buch nachsehen. Aber jetzt schlaf erstmal.“
Leo kuschelte sich wieder ein. Er dachte an den kleinen Buchwichtel Knöpfchen, der sich mit einem Poliertuch vor einem Ritter versteckte.
Das war viel lustiger als jeder Drachenkampf.
Mit einem Lächeln auf den Lippen schlief Leo ein und träumte von winzigen Krümelspuren, die zu geheimen Abenteuern in all seinen Büchern führten.