
Frida Frosch ist genervt vom lauten Gequake am Teich und sucht nach dem allerleisesten Geräusch. Eine humorvolle Suche nach Ruhe am Abend.
Frida Frosch saß auf ihrem Lieblingsseerosenblatt und seufzte. Es war ein wunderschöner Abend am Teich. Die Sterne funkelten am Himmel wie verschüttete Diamanten, und der Mond malte silberne Streifen aufs Wasser.
Eigentlich perfekt.
Wenn da nur nicht dieses ohrenbetäubende Gequake wäre!
QUAAAK! QUOOOK! QRÖÖÖÖK!
Von überall her schallte es. Frida liebte ihre Froschfamilie und ihre Nachbarn, wirklich. Aber manchmal, nur manchmal, wünschte sie sich, sie könnte einen Knopf drücken und die Lautstärke etwas runterdrehen.
„Es muss doch irgendwo einen leisen Quak geben“, murmelte sie in den Abend hinein. „Einen ganz, ganz feinen, kaum hörbaren Quak. Den leisesten Quak der Welt!“
Die Idee gefiel ihr. Ein leiser Quak! Das wäre doch mal was!
Sofort sprang sie auf ihre Froschbeine. „Ich gehe ihn suchen!“, beschloss sie.
Sie hüpfte vom Seerosenblatt ans Ufer und spähte umher. Wer könnte wissen, wo man den leisesten Quak findet?
Vielleicht Schilda, die alte Schildkröte? Sie war schon so alt, sie musste doch alles wissen.
Frida fand Schilda halb im Schlamm dösend. Ihr Kopf war eingezogen, nur die Nasenspitze schaute heraus.
„Entschuldige, Schilda?“, quakte Frida vorsichtig.
Langsam, unendlich langsam, schob Schilda ihren Kopf aus dem Panzer und blinzelte Frida mit ihren weisen, alten Augen an.
„Was… gibt… es… denn… Jungfrosch?“, fragte sie gedehnt.
„Ich suche den leisesten Quak der Welt“, erklärte Frida aufgeregt. „Hast du eine Idee, wo ich den finden kann?“
Schilda dachte nach. Das dauerte eine ganze Weile. So lange, dass ein Käfer über ihren Panzer krabbelte, sich umsah und wieder weiterzog.
Dann nickte Schilda langsam. „Leise… ist… gut…“, murmelte sie. Sie zog ihren Kopf wieder ein, bis nur noch die Nasenspitze zu sehen war. Dann schloss sie die Augen und rührte sich nicht mehr.
Frida wartete. Und wartete.
War das die Antwort? Einfach den Kopf einziehen und still sein? Das war doch kein Quak!
Enttäuscht hüpfte Frida weiter.
Plötzlich schwirrte etwas Buntes und Schillerndes an ihr vorbei. Es war Libella, die Libelle. Sie sauste kreuz und quer über das Wasser, ihre Flügel machten ein leises Sirrrrrr.
„Libella! Warte mal!“, rief Frida.
Libella bremste abrupt in der Luft ab und schwebte vor Fridas Nase, ihre großen Facettenaugen musterten sie neugierig.
„Was ist los, Froschlein? Keine Zeit, keine Zeit! Muss weiterflitzen!“, summte sie.
„Ich suche den leisesten Quak!“, erklärte Frida schnell. „Kennst du den?“
Libella lachte, ein hohes, sirrendes Geräusch. „Leise? Quak? Langweilig! Ich kenne nur schnelle Geräusche! Swoooosh! Zzzzzzipp! Das ist Musik! Nicht so ein langsames Quaaaak!“
Und schwupps, war sie auch schon wieder davongesirrt, auf der Jagd nach der nächsten Mücke.
Frida seufzte noch tiefer. Das war ja noch weniger hilfreich als Schildas Schweigen.
Sie setzte sich auf einen Stein am Ufer und schaute ins Wasser. Vielleicht wusste ja jemand unter Wasser Bescheid?
Sie nahm einen tiefen Atemzug und tauchte unter. Das Wasser war kühl und angenehm still im Vergleich zum Lärm an der Oberfläche.
Sie schwamm tiefer und entdeckte Karpfen Karl, wie er gemütlich zwischen den Wasserpflanzen schwebte und nachdenklich Blasen aufsteigen ließ. Blubb… Blubb…
Frida paddelte näher heran.
„Hallo Karl!“, quakte sie, was unter Wasser eher wie „Blallo Blarl!“ klang.
Karl drehte seinen großen Kopf und schaute sie mit seinen runden Fischaugen an.
„Ah, Frida“, blubberte er freundlich. „Was verschlägt dich denn in meine Tiefen?“
„Ich suche den leisesten Quak“, erklärte Frida. „Du bist so weise, vielleicht weißt du, wo ich ihn finde?“
Karl ließ ein paar besonders nachdenkliche Blasen steigen. Blubb… Blubb… Blubb…
„Ein Quak, sagst du?“, blubberte er dann. „Nun, wir Fische quaken ja nicht. Wir machen eher…“ Er machte eine Pause und ließ noch eine Blase steigen. „…nichts. Oder eben Blubb. Aber das ist kein Quak.“
Er schwebte ein Stück näher. „Manchmal, Frida,“ fuhr er fort, „ist das leiseste Geräusch vielleicht gar kein Geräusch, das man sucht. Manchmal ist es die Stille dazwischen. Oder ein Geräusch, das man noch gar nicht kennt.“
Frida dachte darüber nach. Die Stille dazwischen? Ein Geräusch, das sie nicht kannte?
Sie bedankte sich bei Karl und schwamm wieder zur Oberfläche. Der Mond stand jetzt hoch am Himmel.
Sie kletterte zurück auf ihr Seerosenblatt. Das Gequake der anderen Frösche war immer noch laut. QUAAAK! QUOOOK!
Aber jetzt hörte Frida genauer hin. Sie hörte nicht nur das laute Quaken.
Sie hörte das leise Plätschern der Wellen ans Ufer.
Sie hörte das Sirrrrren der späten Insekten.
Sie hörte den Wind, der sanft durch das Schilf raschelte.
Und dann… dann hörte sie es.
Ein winziges, feines Geräusch. Kaum wahrnehmbar.
Blubbel… blubbel…
Es kam von ganz nah.
Frida beugte sich vor und spähte über den Rand ihres Blattes.
Da, auf einem Halm direkt unter ihr, kroch eine winzige Wasserschnecke entlang. Sie hatte ein hübsches, geringeltes Häuschen auf dem Rücken und zog langsam ihre Fühler ein und aus.
Und bei jeder Bewegung machte sie dieses unglaublich leise Geräusch.
Blubbel… blubbel…
Frida hielt den Atem an. Das war es! Das war kein Quak, nein, aber es war das leiseste, friedlichste Geräusch, das sie je gehört hatte!
Sie schaute die kleine Schnecke an, die sie gar nicht bemerkte und einfach weiter blubbelte.
„Hallo, kleiner Leise-Blubbler“, flüsterte Frida lächelnd.
Sie legte sich gemütlich auf ihr Seerosenblatt. Das laute Gequake der anderen Frösche war immer noch da. Aber es störte Frida nicht mehr so sehr.
Sie hatte ihren eigenen, ganz besonderen, leisen Ton gefunden.
Sie schloss die Augen und lauschte dem sanften Blubbeln der Schnecke und dem leisen Rascheln des Schilfs.
Und inmitten all der Geräusche des Teiches fand Frida Frosch endlich ihren Frieden – und den leisesten Blubb der Welt.
Und das war viel besser als jeder noch so leise Quak.