
Die neugierige Dachsdame Frieda findet einen Zauberpinsel und bemalt den Mond. Das sorgt für lustiges Chaos im Wald! Eine Gute-Nacht-Geschichte.
Frieda war ein junges Dachsmädchen mit einem Fell so grau wie Kieselsteine nach einem Sommerregen und einer Nase, die immer neugierig in die Luft schnupperte.
Sie liebte die Nacht mehr als alles andere. Wenn die Sonne müde hinter den Hügeln verschwand und die ersten Sterne am Himmel blinzelten, wurde Frieda erst richtig wach.
Der Wald war ihr Spielplatz, und der Mond war ihre liebste Lampe.
An diesem Abend war der Mond besonders rund und hell. Er sah aus wie ein riesiger, silberner Pfannkuchen, der am dunklen Himmel klebte.
Frieda tollte gerade vergnügt durch das raschelnde Laub am Waldrand, als ihr etwas im Mondlicht auffiel. Etwas Langes, Dünnes, mit einem buschigen Ende.
Es lag neben einem alten Baumstumpf, als hätte es jemand dort vergessen.
Neugierig, wie nur ein Dachsmädchen sein kann, tippelte Frieda näher.
Es war ein Pinsel! Aber kein gewöhnlicher Pinsel, wie ihn vielleicht die Menschenkinder benutzten. Der Stiel schimmerte in allen Farben des Regenbogens, und die Borsten fühlten sich weicher an als das flauschigste Moos.
Als Frieda ihn vorsichtig aufhob, kribbelte es in ihren Pfoten. Ein warmes, aufgeregtes Gefühl, als ob der Pinsel ein Geheimnis flüsterte.
„Wer hat dich denn hier verloren?“, murmelte Frieda und drehte den Pinsel hin und her. Er glänzte geheimnisvoll.
Sie blickte hoch zum großen, weißen Mond. Er leuchtete so freundlich und beständig.
Aber Frieda war nicht nur neugierig, sie war auch ein bisschen… nun ja, experimentierfreudig.
Ein Gedanke kitzelte in ihrem Kopf, so aufregend wie ein Schmetterling im Bauch.
„Was wäre, wenn…“, flüsterte sie zu sich selbst, „wenn der Mond nicht immer nur weiß wäre?“
Sie sah sich um. Neben dem Baumstumpf wuchsen saftige, dunkelrote Walderdbeeren. Perfekt!
Frieda tauchte die weichen Borsten des Pinsels vorsichtig in den roten Saft einer zerdrückten Erdbeere. Der Pinsel sog die Farbe auf wie ein durstiges Blümchen.
Dann, mit klopfendem Herzen, hob sie den Pinsel hoch und malte einen dicken, roten Streifen in die Luft – genau in Richtung Mond.
Und dann passierte es! Wie von Zauberhand erschien genau dieser rote Streifen auf dem echten Mond am Himmel! Er leuchtete rubinrot auf der silbernen Oberfläche.
Frieda schnappte nach Luft. „Das… das funktioniert ja wirklich!“ Ihre Augen wurden groß wie Eicheln.
Jetzt gab es kein Halten mehr! Das war ja noch viel lustiger als Tannenzapfen-Weitwurf!
Sie fand leuchtend blaue Heidelbeeren und tauchte den Pinsel erneut ein.
Schwupp! Ein blauer Klecks landete neben dem roten Streifen auf dem Mond.
Dann fand sie saftig grüne Blätter, zerrieb sie und malte einen grünen Bogen.
Der Mond war jetzt rot, blau und grün gestreift! Er sah aus wie ein riesiges Bonbon am Himmel.
Frieda kicherte vor Vergnügen. „Viel schöner so!“, fand sie.
Aber unten im Wald fanden das nicht alle so lustig.
Hubert, die alte, weise Eule, saß auf seinem Ast und wollte gerade sein abendliches „Huuu-huuu“ anstimmen. Doch als er zum bunten Mond aufschaute, kam nur ein verwirrtes „Huuu-rot-blau-grün?“ heraus. Er schüttelte verwundert seinen Kopf.
Karla, das Eichhörnchen, war gerade dabei, ihre Nüsse für den Winter zu sortieren. Sie hatte ein ausgeklügeltes System: große Nüsse nach links, kleine nach rechts. Aber als das bunte Mondlicht auf ihren Nusshaufen fiel, wurde sie ganz durcheinander. „Gehören die blauen Nüsse jetzt zu den großen oder die grünen zu den kleinen? Oder muss ich nach roten Streifen sortieren?“ Sie riss sich verzweifelt an ihrem buschigen Schwanz.
Ferdinand, der Fuchs, der eigentlich gerade auf Mäusejagd gehen wollte, blinzelte zum Himmel. „Grünes Licht? Ist etwa schon Morgen? Zeit für ein Sonnenbad!“ Er rollte sich auf einer Lichtung aus und wunderte sich, warum die „Sonne“ heute so seltsam kühl war.
Frieda malte unterdessen munter weiter. Sie fand gelben Löwenzahn und malte Tupfen. Sie fand braune Erde und malte Kringel. Der Mond war nun ein wildes Durcheinander aus Farben und Mustern.
Doch langsam merkte auch Frieda, dass etwas nicht stimmte. Hubert Eule klang ganz heiser vom vielen Falsch-Huhuhen. Karla Eichhörnchen hatte all ihre Nüsse zu einem großen, unsortierten Haufen zusammengeschoben und weinte leise. Und Ferdinand Fuchs fror jämmerlich bei seinem nächtlichen „Sonnenbad“.
„Oh je“, dachte Frieda und ließ den Pinsel sinken. „Das war vielleicht doch keine so gute Idee. Alle sind ganz verwirrt.“ Der bunte Mond sah plötzlich gar nicht mehr so lustig aus, eher wie ein buntes Durcheinander.
Sie musste das wieder in Ordnung bringen!
Sie versuchte, mit dem Saft von weißen Gänseblümchen über die Farben zu malen, aber das machte alles nur noch schlimmer. Der Mond wurde grau und schmutzig-bunt.
„Was nun?“, jammerte Frieda. Sie sah den Zauberpinsel an. Er schimmerte immer noch, aber irgendwie traurig.
Da fiel ihr der klare Bach ein, der in der Nähe plätscherte. Das Wasser dort war immer so rein und sauber.
„Vielleicht braucht der Pinsel etwas ganz Reines?“, überlegte sie.
Sie lief zum Bach, tauchte den Pinsel tief in das kühle, klare Wasser und schüttelte ihn sanft aus. Die Borsten leuchteten kurz hell auf.
Mit neuer Hoffnung hob Frieda den Pinsel wieder zum Himmel. Diesmal malte sie nicht wild drauf los, sondern strich ganz sanft und vorsichtig über den bunten Mond, als wollte sie ihn sauber wischen.
Und siehe da! Mit jedem Pinselstrich verschwanden die Farben. Das Rot, das Blau, das Grün, die Tupfen und Kringel verblassten, bis der Mond wieder in seinem altbekannten, wunderschönen, silberweißen Licht erstrahlte.
Ein erleichtertes Seufzen ging durch den Wald.
Hubert Eule rief ein lautes, klares „HUUU-HUUUU!“, das durch die Nacht schallte.
Karla Eichhörnchen begann sofort, ihre Nüsse wieder ordentlich zu sortieren, als wäre nichts gewesen.
Und Ferdinand Fuchs schlich schnell zurück in seinen Bau, um sich aufzuwärmen und von richtigen Sonnenstrahlen zu träumen.
Frieda betrachtete den weißen Mond. Er war wirklich schön, genau so, wie er war.
Sie nahm den Zauberpinsel und versteckte ihn sorgfältig unter einer dicken Baumwurzel. „Für besondere Notfälle“, murmelte sie.
Dann kuschelte sie sich müde, aber zufrieden in ihren weichen Dachsbau.
Es war ein aufregendes Abenteuer gewesen, aber manchmal, so dachte Frieda, bevor sie einschlief, sind die Dinge genau richtig, so wie sie immer sind. Besonders der gute, alte, silberweiße Mond.