Gabi Gabel und der tanzende Erbsenkönig im Traumland

Gabi Gabel und der tanzende Erbsenkönig im Traumland

Gabel Gabi träumt sich aus der langweiligen Schublade ins Leckereien-Traumland und bringt dort einen griesgrämigen Erbsenkönig zum Tanzen.

Gabi Gabel war keine gewöhnliche Gabel. Zumindest fand sie das.

Tagsüber lag sie meistens mit den anderen Gabeln, Löffeln und Messern in der dunklen, engen Schublade.

Es roch nach Spülmittel und ein bisschen nach Metall.

Manchmal, wenn die große Hand kam und die Schublade aufzog, wurde es kurz hell und aufregend.

Dann durfte Gabi hinaus in die Welt des Esstisches.

Sie piekste in Kartoffeln, schob Erbsen auf den Löffel oder half dabei, ein Stückchen Kuchen zum Mund zu befördern.

Das war schon okay, aber Gabi fand es auf Dauer etwas… eintönig.

Immer nur pieksen und schieben. Pieksen und schieben.

„Gibt es da draußen nicht mehr?“, fragte sie manchmal leise in die Dunkelheit der Schublade hinein.

Der alte Suppenlöffel neben ihr brummte nur: „Sei zufrieden, Gabel. Wir haben eine wichtige Aufgabe.“

Aber Gabi war neugierig.

Sie hatte vier glänzende Zinken, und sie war sich sicher, dass diese Zinken zu mehr bestimmt waren als nur zum Essen aufspießen.

Eines Abends, nachdem sie besonders viele widerspenstige Nudeln auf einen Teller bugsieren musste, war Gabi Gabel sehr müde.

Sie lag in der Schublade, dicht an einen Teelöffel gekuschelt, und ihre Metallaugen wurden schwer.

Sie dachte an die bunten Nudeln, an die grünen Erbsen und die roten Tomatensoßenspritzer.

Langsam, ganz langsam, glitt sie in einen Traum.

Plötzlich war es nicht mehr dunkel und eng.

Um sie herum leuchtete alles in den prächtigsten Farben!

Sie stand nicht mehr in einer Schublade, sondern auf einer weichen, grünen Wiese.

Als sie genauer hinsah, merkte sie, dass die Wiese aus feinem Schnittlauch bestand!

Der Himmel über ihr war nicht blau, sondern ein sanftes Rosa, wie Erdbeerjoghurt.

Und die Wolken? Sie sahen aus wie Zuckerwatte und dufteten süß.

Neben ihr floss ein Fluss, aber nicht mit Wasser, sondern mit glänzendem Orangensaft.

„Wow!“, staunte Gabi Gabel. „Wo bin ich denn hier gelandet?“

Sie tippte vorsichtig mit einer Zinke auf den Schnittlauchboden. Er kitzelte ein bisschen.

Sie machte ein paar hüpfende Schritte. Es war herrlich! So viel Platz!

In der Ferne sah sie Berge, die aussahen wie riesige Kartoffelbrei-Hügel mit Butterflocken-Gipfeln.

Aus einem Wald aus Brokkoli-Bäumen hörte sie ein leises Kichern.

Neugierig ging Gabi darauf zu.

Zwischen den Brokkoli-Röschen sah sie kleine, runde Gestalten herumkullern.

Es waren Erbsen! Und sie spielten Fangen!

„Hallo!“, rief Gabi freundlich.

Die Erbsen hörten auf zu kullern und schauten sie überrascht an.

„Eine Gabel!“, rief eine Erbse. „Pass auf, sie will uns pieksen!“

Alle Erbsen rollten schnell hinter einen dicken Brokkoli-Stamm.

Gabi seufzte. „Nein, nein! Ich will euch doch gar nichts tun! Ich bin nur… zu Besuch.“

Langsam kamen die Erbsen wieder hervor.

„Du bist im Traumland der Leckereien“, erklärte eine mutige Erbse. „Hier ist alles essbar und lebendig.“

„Das ist ja fantastisch!“, rief Gabi begeistert.

In diesem Moment hörte sie ein lautes Schimpfen.

„Platz da! Macht Platz für den König!“

Aus dem Brokkoli-Wald rollte eine einzelne, etwas größere Erbse hervor.

Sie war kugelrund und trug eine winzige, goldene Krone aus einem Senfkorn auf dem Kopf.

Ihr Gesicht sah aber ziemlich grimmig aus.

„Wer stört hier meine königliche Ruhe?“, quäkte die Erbse und musterte Gabi von oben bis unten.

„Ähm… ich bin Gabi Gabel“, stellte sich Gabi vor. „Und wer bist du?“

Die Erbse plusterte sich auf. „Ich bin König Kugelrund der Erste, Herrscher über alle Erbsen im Traumland! Und ich habe schlechte Laune!“

„Oh“, sagte Gabi. „Warum denn, Eure Majestät?“

Der Erbsenkönig seufzte tief, was bei einer Erbse ziemlich lustig aussah.

„Ich bin es leid, immer nur herumzurollen! Und niemand nimmt einen Erbsenkönig wirklich ernst. Alle wollen immer nur mit mir spielen oder mich auf einen Löffel schieben!“

Er kickte mit seinem nicht vorhandenen Fuß gegen ein Brokkoli-Röschen.

„Ich will auch mal tanzen! Richtig elegant, wie die langen Spaghetti-Prinzessinnen drüben im Pasta-Palast!“

Gabi Gabel überlegte. Tanzen? Eine Erbse?

Ihr fiel etwas ein.

„Eure Majestät“, sagte sie vorsichtig. „Vielleicht kann ich helfen?“

Der König schaute sie skeptisch an. „Du? Eine Gabel? Was willst du denn tun? Mich aufspießen?“

„Nein, natürlich nicht!“, lachte Gabi. „Aber ich habe vier Zinken. Pass auf!“

Sie schob ihre Zinken vorsichtig unter den kleinen Erbsenkönig.

„Festhalten!“, rief sie und hob ihn sanft in die Luft.

Der König quietschte überrascht, aber er hielt sich an den Zinken fest.

Gabi begann, sich langsam zu drehen. Erst im Kreis, dann machte sie kleine, schwungvolle Bewegungen.

Sie wiegte den König sanft hin und her, hob ihn hoch und ließ ihn wieder sinken, als würde er schweben.

„Huiii!“, rief der Erbsenkönig, und sein grimmiges Gesicht verwandelte sich in ein breites Grinsen.

„Das ist ja… das ist ja Tanzen! Ich tanze!“

Die anderen Erbsen kamen näher und klatschten begeistert.

Auch die Brokkoli-Bäume schienen leise im Takt zu wippen.

Gabi tanzte mit dem Erbsenkönig über die Schnittlauchwiese, vorbei am Orangensaft-Fluss, unter dem Erdbeerjoghurt-Himmel.

Der König lachte und jauchzte vor Freude.

„Schneller, Gabi Gabel, schneller!“, rief er.

Und Gabi wirbelte ihn herum, dass seine kleine Senfkorn-Krone fast wegflog.

Sie merkte, wie viel Spaß es machte, ihre Zinken einmal ganz anders zu benutzen.

Nicht zum Pieksen, sondern zum Tanzen helfen!

Als sie schließlich langsamer wurden, setzte Gabi den König sanft wieder auf den Boden.

Er war ganz außer Atem, aber seine Augen strahlten.

„Gabi Gabel“, sagte er feierlich. „Du bist die beste Tanzpartnerin, die ein Erbsenkönig sich wünschen kann! Hiermit ernenne ich dich zur offiziellen Königlichen Tanzgabel des Traumlandes!“

Er versuchte, eine Verbeugung zu machen, was dazu führte, dass er einfach nach vorne kippte und wieder aufstand.

Gabi musste kichern.

Sie verbrachte noch eine Weile im Traumland, spielte mit den Erbsen Verstecken im Kartoffelbrei-Gebirge und probierte einen Tropfen vom Orangensaft-Fluss (er schmeckte herrlich!).

Doch langsam spürte sie, wie sie wieder müde wurde.

Die Farben um sie herum begannen zu verschwimmen.

Der Erbsenkönig winkte ihr zum Abschied zu. „Komm bald wieder, Tanzgabel!“

„Mach ich!“, rief Gabi zurück, während sich alles um sie herum auflöste.

Sie blinzelte.

Es war wieder dunkel und eng.

Sie lag in der Schublade, neben dem alten Suppenlöffel.

War alles nur ein Traum gewesen?

Sie schaute an sich herunter.

Und da, an einer ihrer Zinken, klebte ein winziges, grünes Etwas.

Es sah verdächtig nach einem Stückchen Schnittlauch aus dem Traumland aus.

Gabi Gabel lächelte.

Pieksen und schieben war vielleicht doch nicht so eintönig.

Manchmal musste man eben nur träumen, um zu entdecken, wozu vier glänzende Zinken noch alles gut sein können.

Und vielleicht, ganz vielleicht, würde sie morgen beim Mittagessen einer Erbse freundlich zunicken.