
Karla Klobürste hat den wichtigsten Job im All: Sie putzt die Sterne! Doch eines Nachts ist ein Stern furchtbar griesgrämig und will nicht leuchten.
Hoch oben, viel höher als die höchsten Berge und sogar noch ein Stückchen über den vorbeiziehenden Flugzeugen, wohnte Karla Klobürste.
Nein, sie war keine echte Klobürste, auch wenn ihr Name ein bisschen danach klang.
Karla wohnte auf einer flauschigen Schäfchenwolke, die gemütlich am Nachthimmel trieb.
Und sie hatte einen sehr wichtigen Job: Sie war die Sternenputzerin.
Jeden Abend, wenn die Sonne gähnend hinter dem Horizont verschwand und die ersten Sterne zaghaft blinzelten, packte Karla ihre Sachen.
Sie hatte einen Eimer aus Mondsilber, gefüllt mit prickelndem Seifenwasser aus geschmolzenen Sternschnuppen.
Und natürlich ihr wichtigstes Werkzeug: eine Bürste mit einem langen Stiel und weichen, aber gründlichen Borsten. Sie sah tatsächlich ein klein wenig wie eine Klobürste aus, aber pssst, das hörte Karla nicht gern.
„So, meine Lieben“, murmelte Karla, während sie ihre sieben Sachen auf ihr kleines Wolkenmobil lud, das aussah wie ein Seifenkistenauto mit Flügeln. „Zeit, euch zum Funkeln zu bringen!“
Sie schwang sich in ihr Mobil, stieß sich kräftig von ihrer Wolke ab und sauste los in die dunkle Unendlichkeit.
Ihr erster Kunde heute Nacht war der kleine Blinkerstern ganz links neben dem Großen Wagen.
„Hallo, Blinki!“, rief Karla fröhlich und landete sanft auf einer seiner Zacken. „Na, bereit für eine kleine Politur?“
Der Blinkerstern zwinkerte aufgeregt. Er liebte es, geputzt zu werden. Es kitzelte so schön.
Karla tauchte ihre Bürste in das Sternschnuppenwasser und begann vorsichtig, den kosmischen Staub der letzten Nacht wegzuschrubben.
Pschschschsch! machte die Bürste.
Kichernd funkelte der Stern heller und heller.
„Danke, Karla!“, strahlte er, als sie fertig war. „Jetzt fühle ich mich wieder richtig wach!“
Karla lächelte zufrieden. „Gern geschehen, Kleiner. Bis nächste Woche!“
Sie stieg wieder in ihr Wolkenmobil und flog weiter.
Sie polierte den Polarstern, bis man sich darin spiegeln konnte.
Sie kitzelte die Plejaden mit ihrer Bürste, bis sie wie eine ganze Discokugel glitzerten.
Doch dann kam sie zu einem Stern, den sie noch nie zuvor so trübsinnig gesehen hatte.
Es war Griesgram, ein mittelgroßer Stern, der normalerweise ein warmes, gelbes Licht ausstrahlte.
Heute aber glomm er nur schwach und sah irgendwie… beleidigt aus.
„Hallo Griesgram!“, rief Karla freundlich. „Alles in Ordnung bei dir? Du leuchtest ja kaum!“
Der Stern brummte nur. Ein tiefes, unzufriedenes Brummen, das durch das Vakuum zu vibrieren schien.
Karla landete vorsichtig neben ihm. „Was ist denn los? Ist dir der Sternenstaub zu Kopf gestiegen?“
„Lass mich in Ruhe“, grummelte Griesgram. „Putzen bringt doch eh nichts.“
Karla war verdutzt. So kannte sie Griesgram gar nicht.
„Wieso denn nicht?“, fragte sie sanft und setzte sich auf eine seiner kühleren Zacken. „Du strahlst doch sonst immer so schön. Die Leute unten auf der Erde schauen gerne zu dir hoch.“
Griesgram schnaubte verächtlich, wobei ein paar kleine Funken stoben. „Ach, die da unten! Die sehen mich doch gar nicht. Die schauen nur nach den großen, hellen Protzsternen. Oder nach den Sternschnuppen.“
Er seufzte tief. „Niemand macht sich die Mühe, mich anzusehen. Wozu soll ich mich da anstrengen und leuchten?“
Karla dachte nach. Sie blickte hinunter auf die winzige, schlafende Erde.
Von hier oben sah alles so friedlich aus.
„Das stimmt nicht, Griesgram“, sagte sie leise. „Weißt du, wer dich besonders gerne anschaut?“
Der Stern zuckte nur mit einer Zacke. „Na, wer schon?“
„Die kleinen Träumer“, flüsterte Karla. „Die Kinder, die nicht einschlafen können und aus dem Fenster schauen. Die sehen dich. Sie sehen dein warmes, gelbes Licht und fühlen sich nicht so allein.“
Sie fuhr fort: „Und die Seefahrer! Wenn der Polarstern mal hinter Wolken versteckt ist, bist du oft der einzige, der ihnen den Weg weist. Dein Licht ist nicht so aufdringlich, aber es ist zuverlässig. Darauf kann man sich verlassen.“
Karla erzählte auch von den Astronomen mit ihren riesigen Teleskopen, die gerade die Sterne wie Griesgram studierten, weil sie so interessant waren.
Und von den Liebespaaren, die Händchen haltend in den Himmel blickten und sich wünschten, ihre Liebe möge so beständig sein wie sein Licht.
Griesgram wurde ganz still. Er hatte gar nicht gewusst, dass er so wichtig war.
Langsam, ganz langsam, begann er ein kleines bisschen heller zu leuchten. Ein zartes Gelb kroch zurück in seine Zacken.
„Meinst du wirklich?“, fragte er unsicher.
„Aber sicher!“, sagte Karla überzeugt. „Jeder Stern hier oben hat seine Aufgabe und wird gebraucht. Und deiner ist es, ein warmes, beständiges Licht zu spenden. Ein Licht, das Hoffnung gibt.“
Sie stand auf und griff nach ihrer Bürste. „Und jetzt komm, lass dich ein bisschen aufhübschen. Damit die Träumer und Seefahrer dich auch gut sehen können!“
Griesgram zögerte kurz, dann nickte er kaum merklich.
Karla tauchte ihre Bürste wieder in das prickelnde Wasser und begann vorsichtig, den trüben Schleier von Griesgram zu entfernen.
Mit jedem Bürstenstrich wurde sein Licht wärmer und kräftiger.
Er glühte nicht grell, aber er strahlte eine tiefe, wohlige Wärme aus.
„Oh ja“, murmelte Griesgram zufrieden. „Das fühlt sich gut an.“
Als Karla fertig war, leuchtete Griesgram in seinem schönsten, warmen Gelb. Er sah nicht mehr griesgrämig aus, sondern zufrieden und stolz.
„Danke, Karla“, sagte er mit einer Stimme, die viel freundlicher klang als zuvor. „Du hast mir gezeigt, dass auch ich wichtig bin.“
„Immer wieder gerne“, lächelte Karla. „Vergiss das nicht, ja? Jedes Licht zählt.“
Sie verabschiedete sich und flog weiter, die restlichen Sterne für die Nacht vorzubereiten.
Als sie Stunden später müde, aber glücklich zu ihrer Schäfchenwolke zurückkehrte, blickte sie noch einmal über den funkelnden Himmel.
Alle Sterne strahlten um die Wette.
Und mittendrin leuchtete Griesgram, warm und beständig.
Karla gähnte. Es war eine anstrengende, aber gute Nacht gewesen.
Sie kuschelte sich in ihre Wolke und schlief sofort ein, träumend von prickelndem Sternschnuppenwasser und glücklich funkelnden Sternen.
Und irgendwo da unten auf der Erde blickte ein kleines Kind aus dem Fenster, sah das warme, gelbe Licht von Griesgram und lächelte, bevor es einschlief.
Es wusste nicht, dass eine gewisse Karla Klobürste dafür gesorgt hatte, dass der Stern so schön leuchtete.
Aber das war Karla egal. Hauptsache, die Sterne strahlten. Das war ihr Job. Und sie liebte ihn.