Mila Motte tanzt im Mondlicht müde

Mila Motte tanzt im Mondlicht müde

Die kleine Motte Mila liebt den Mondschein-Tango, aber selbst die beste Tänzerin wird mal müde. Eine humorvolle Gute-Nacht-Geschichte.

Tief versteckt im flüsternden Blätterwald, wo die Bäume Geheimnisse in den Nachthimmel raunen, lebte eine winzige Motte namens Mila.

Mila war keine gewöhnliche Motte.

Oh nein, während die meisten ihrer flatterhaften Verwandten jede Nacht wie wild um die nächste Laterne schwirrten, fand Mila Laternenlicht schrecklich langweilig.

Es war viel zu grell, zu gelb, zu… nun ja, zu laternig.

Milas Herz schlug für das sanfte, silbrige Licht des Mondes.

Wenn der Mond wie eine riesige Perle am Samthimmel hing, konnte Mila einfach nicht widerstehen.

Ihre kleinen Fühler kribbelten, ihre Flügelchen zuckten, und ihr ganzer Mottenkörper wollte nur eines: Tanzen!

„Mila, mein Schmetterling, es ist Schlafenszeit!“, rief Mama Motte von ihrem gemütlichen Blatt unter einem großen Farn.

„Die Sonne ist längst untergegangen, und brave Mottenkinder kuscheln sich jetzt ein.“

Papa Motte faltete gerade seine Flügel sorgfältig zusammen.

„Deine Mama hat Recht, Milachen. Morgen ist auch noch ein Tag zum Flattern.“

Mila tippelte mit ihren sechs kleinen Beinchen unruhig auf ihrem Blatt herum.

„Aber Mama! Aber Papa! Schaut doch nur! Der Mond ist heute so rund und hell! Es ist die perfekte Nacht für einen Mondscheintango!“

Mama Motte seufzte leise. „Jeden Abend dasselbe, du kleiner Wirbelwind. Deine Flügel brauchen Ruhe.“

„Nur einen klitzekleinen Tanz?“, bettelte Mila und machte ihre größten Mottenaugen.

„Bitte, bitte, bitte! Nur fünf Minuten! Ich tanze ganz schnell und bin dann sofort wieder da!“

Papa Motte schmunzelte. Er konnte seiner tanzwütigen Tochter nur schwer widerstehen.

„Na gut“, brummte er nach einem Blick zu Mama Motte, die nachsichtig nickte.

„Aber wirklich nur fünf Minuten! Und wehe, du fliegst zu nah an Herrn Spinnakers Netz!“

„Juhuuu!“, jubelte Mila, gab Mama und Papa einen schnellen Flügelkuss und schwirrte hinaus in die kühle Nachtluft.

Die Lichtung badete im silbrigen Schein des Mondes.

Alles sah magisch aus.

Die Tautropfen auf den Grashalmen glitzerten wie Diamanten.

Die Schatten der Bäume waren lang und geheimnisvoll.

Mila atmete tief die duftende Nachtluft ein.

„Zeit für den Mondscheintango!“, flüsterte sie und begann zu tanzen.

Sie drehte sich im Kreis, flatterte auf und ab, machte kleine Pirouetten und versuchte sogar einen Rückwärtssalto.

Plötzlich hörte sie ein tiefes „Huuu-huuu“ von einem Ast über ihr.

Es war Herr Uhu, der weise alte Vogel der Nacht, der mit seinen großen, runden Augen alles beobachtete.

„Na, Mila Motte“, sagte er mit seiner ruhigen Stimme. „Tanzt du wieder die Sterne vom Himmel?“

Mila kicherte. „Ich übe den Mondscheintango, Herr Uhu! Ist er nicht wunderschön heute Nacht?“

Herr Uhu blinzelte langsam. „In der Tat, der Mond ist prächtig. Aber deine Pirouetten sehen heute ein wenig… wackelig aus, findest du nicht?“

Mila hielt inne. Hatte sie gewackelt? Sie versuchte es noch einmal, aber irgendwie fühlten sich ihre Flügel schwer an.

Sie musste gähnen, ein kleines, leises Motten-Gähnen.

„Ich bin gar nicht müde!“, behauptete sie schnell, obwohl sich ihre Augenlider anfühlten, als wären kleine Kieselsteine daran befestigt.

Unten im Gras raschelte es.

Ein dicker, brummiger Käfer, den alle nur Borstel nannten, krabbelte hervor.

„Was ist denn das für ein Gezappel hier?“, knurrte er. „Man kann ja kaum in Ruhe sein Abendblatt lesen!“

Borstel war immer ein bisschen mürrisch, besonders wenn er beim Knabbern gestört wurde.

„Ich tanze!“, erklärte Mila stolz, auch wenn ihr nächster Flügelschlag eher ein müdes Schlenkern war.

Borstel musterte sie von unten bis oben. „Tanzen? Sieht eher aus, als würdest du versuchen, einen Regentropfen abzuschütteln, der gar nicht da ist. Ziemlich zittrig, das Ganze.“

Mila wurde ein bisschen rot unter ihrem Mottenpelz.

Okay, vielleicht war sie doch ein klein wenig müde.

Gerade als sie zu einer weiteren Drehung ansetzen wollte, bei der sie fast gegen einen Grashalm getaumelt wäre, schwebte eine Gruppe Glühwürmchen vorbei.

Sie blinkten aufgeregt.

„Mila, Mila!“, rief das kleinste Glühwürmchen, das Fünkchen hieß. „Dein Tanz ist ja ganz lustig heute! So schläfrig-schwankend! Blink-blink!“

Die anderen Glühwürmchen kicherten und blinkten zustimmend.

„Schläfrig-schwankend?“, wiederholte Mila und musste wieder gähnen, diesmal etwas lauter.

Sie merkte, wie ihre Flügel immer schwerer wurden.

Der Mond schien plötzlich nicht mehr nur silbrig, sondern auch sehr, sehr weich und gemütlich, wie ein großes Kissen am Himmel.

Herr Uhu räusperte sich sanft. „Mila, mein Kind. Selbst die passioniertesten Tänzer brauchen ihren Schlaf. Die Nacht ist lang, und der Mond wird auch morgen noch scheinen. Aber deine Flügel, die brauchen jetzt eine Pause.“

Mila schaute an sich herunter.

Herr Uhu hatte Recht.

Ihre Flügel zitterten nicht mehr vor Tanzlust, sondern vor Müdigkeit.

Der Gedanke an ihr weiches Blattbett unter dem Farn wurde plötzlich unwiderstehlich.

„Ich glaube… ich glaube, ich bin doch ein bisschen müde“, murmelte sie.

Borstel der Käfer grunzte. „Na endlich. Wurde auch Zeit. Gute Nacht.“ Und er krabbelte weiter zu seinem Abendblatt.

Die Glühwürmchen blinkten freundlich. „Schlaf gut, Mila! Träum vom Tanzen! Blink-blink!“

Herr Uhu nickte ihr aufmunternd zu. „Ein weiser Entschluss, kleine Tänzerin.“

Mila flatterte langsam zurück zu ihrem Farn.

Jeder Flügelschlag war jetzt eine kleine Anstrengung.

Als sie endlich ihr Zuhause erreichte, warteten Mama und Papa Motte schon.

„Na, mein kleiner Mondscheintango-Star?“, fragte Mama Motte lächelnd und strich Mila sanft über die Fühler.

„Ausgetanzt für heute?“

Mila kuschelte sich tief in ihr weiches Blattbett.

Es war das gemütlichste Gefühl der Welt.

„Ja, Mama“, flüsterte sie schläfrig. „Tanzen macht… gähn… ganz schön müde.“

Papa Motte deckte sie mit einem winzigen Tautropfen-getränkten Spinnenfaden zu.

„Schlaf schön, mein Milachen. Morgen kannst du wieder tanzen.“

Mila schloss die Augen.

Das silberne Mondlicht schien sanft durch die Blätter.

Sie hörte noch das leise Zirpen der Grillen und das Rascheln im Wald.

Aber schon im nächsten Moment war sie eingeschlafen, und in ihren Träumen tanzte sie – leicht wie eine Feder, gar nicht mehr wackelig – den allerschönsten Mondscheintango, direkt auf dem Mond selbst.

Und der ganze Wald schlief friedlich unter dem silbernen Schein.

Gute Nacht, kleine Tänzerin.