
Das neugierige Papiertaschentuch Pia jagt nachts einen geheimnisvollen Schnupfenstern, der angeblich Niesen verursacht. Ein humorvolles Abenteuer.
Pia Papiertaschentuch wohnte in einer ziemlich gemütlichen, aber auch ein bisschen langweiligen Pappschachtel auf dem Nachttisch.
Neben ihr raschelten ihre vielen Brüder und Schwestern.
Alle sahen gleich aus: weiß, weich und geduldig darauf wartend, eine Nase zu putzen oder eine Träne zu trocknen.
Pia fand das Warten schrecklich öde.
Sie reckte vorsichtig eine Ecke aus der Öffnung der Schachtel und spähte hinaus.
Das Zimmer war dunkel, nur der Mond malte silbrige Streifen durch das Fenster.
Im großen Bett neben dem Nachttisch schlief ein Kind und atmete leise.
Plötzlich: „Hatschi!“
Ein lautes Niesen durchbrach die Stille.
Pia zuckte zusammen.
Was war das?
Wo kam dieses Geräusch her?
„Psst“, flüsterte eine tiefe, knisternde Stimme.
Pia schaute sich um.
Es war Kalle Kissenbezug, der alte, weise Kissenbezug auf dem Kopfkissen des Kindes.
Er hatte schon viele Nächte und unzählige Träume miterlebt.
„Was war das, Kalle?“, wisperte Pia.
„Das, meine kleine Papiertaschentuchfreundin“, raunte Kalle geheimnisvoll, „war ein Nieser. Verursacht durch einen Schnupfenstern.“
Pias Ecke zitterte vor Aufregung.
„Ein Schnupfenstern? Was ist das?“
Kalle Kissenbezug raschelte bedächtig.
„Man erzählt sich, dass winzig kleine Sterne vom Himmel fallen, so klein, dass man sie kaum sehen kann. Sie kitzeln in der Nase, und dann… Hatschi!“
Pia war fasziniert.
Sterne, die Niesen verursachen!
Das klang viel aufregender als in der Schachtel zu warten.
„Ich will einen fangen!“, beschloss Pia mutig.
Kalle gluckste leise. „Das ist keine leichte Aufgabe, kleine Pia. Sie sind flink und fast unsichtbar.“
Aber Pia ließ sich nicht entmutigen.
Sie musste einfach einen dieser Sterne sehen!
Vorsichtig, ganz vorsichtig, zog sie sich aus der Schachtel.
Ihre Geschwister murmelten im Schlaf, aber niemand bemerkte ihr Verschwinden.
Sie stand am Rand der Nachttisch-Hochebene.
Vor ihr erhob sich der riesige Fuß der Nachttischlampe wie ein glänzender Berg.
Daneben tickte der Wecker, eine unüberwindbare Wüste aus Zeit.
Pia musste nach unten, auf den Boden.
Dort, so glaubte sie, würden die Schnupfensterne landen.
Sie entdeckte ein Ladekabel, das wie eine lange Liane vom Nachttisch hing.
Perfekt!
Mit einem beherzten Sprung klammerte sie sich fest und rutschte quietschend hinunter.
Sanft landete sie auf dem weichen Teppichboden.
Es war wie ein dichter Dschungel hier unten.
Die Teppichfasern waren riesige Bäume.
Und es war staubig.
„He! Wer wagt es, mein Reich zu betreten?“, brummte eine mürrische Stimme.
Aus dem Dunkel unter dem Bett rollte ein graues, flusiges Etwas hervor.
Es hatte zwei kleine, funkelnde Staubaugen.
„Ich bin Schnuffel, der Herrscher über alles, was unter dem Bett wohnt! Und du störst meine Ruhe!“, knurrte das Staubknäuel.
Pia zitterte ein wenig, aber ihre Neugier war größer.
„Entschuldige, Herr Schnuffel. Ich bin Pia Papiertaschentuch und ich bin auf der Suche nach einem Schnupfenstern.“
Schnuffel blinzelte.
„Schnupfenstern? Was für ein Unsinn! Das sind doch nur…“ Er hustete staubig. „…Erfindungen von Kissenbezügen!“
„Aber Kalle hat gesagt…“, begann Pia.
„Kalle redet viel, wenn die Nacht lang ist“, grummelte Schnuffel.
„Aber ich muss einen fangen! Sie verursachen das Hatschi!“, erklärte Pia eifrig.
Schnuffel schien nachzudenken.
Er hasste laute Geräusche, besonders dieses „Hatschi“, das immer alles aufwirbelte.
Vielleicht… wenn dieses Papiertaschentuch wirklich einen dieser… Dinger fangen würde?
„Na gut“, brummte er widerwillig. „Ich weiß, wo manchmal so komisches Glitzerzeugs herumfliegt. In der Nähe vom Fenster. Aber wehe, du machst Unordnung!“
Pia strahlte.
„Danke, Herr Schnuffel!“
Schnuffel grummelte nur und rollte voraus.
Sie durchquerten den gefährlichen Teppichdschungel, vorbei an einem vergessenen Bauklotz-Gebirge und einer Socken-Schlucht.
Endlich erreichten sie den Bereich vor dem großen Fenster.
Mondlicht fiel herein und tanzte auf dem Boden.
Und darin… schwebten winzige, glitzernde Punkte!
Sie funkelten und drehten sich im Lichtstrahl.
„Da!“, keuchte Pia aufgeregt. „Schnupfensterne!“
Sie hüpfte und wedelte mit ihren Ecken, versuchte, einen der schwebenden Punkte zu erwischen.
Es sah ziemlich lustig aus, wie das kleine Papiertaschentuch durch den Mondstrahl tanzte.
Schnuffel beobachtete das Ganze mit einer Mischung aus Verärgerung und heimlicher Belustigung.
„Pass auf, du Wirbelwind!“, knurrte er.
Pia konzentrierte sich.
Sie nahm Anlauf, sprang so hoch sie konnte und… erwischte einen besonders hell funkelnden Punkt zwischen ihren weichen Lagen.
Er kitzelte ein bisschen.
„Ich hab ihn! Ich hab einen Schnupfenstern!“, jubelte Pia leise.
Genau in diesem Moment ertönte es wieder vom Bett: „Hatschi! Haaaatschi!“
Pia hielt ihren Atem an.
Ihr Stern! Er hatte das Niesen verursacht!
Sie fühlte sich unglaublich stolz und wichtig.
Oben auf dem Kissen raschelte Kalle Kissenbezug und gluckste wieder.
Schnuffel stieß nur einen unbestimmbaren Grunzlaut aus.
Pia hielt ihren Schatz ganz fest.
„Ich muss ihn sicher in meine Schachtel bringen“, flüsterte sie.
„Na los, bevor du noch mehr Unfug anstellst“, brummte Schnuffel und zeigte ihr einen Weg über ein heruntergefallenes Buch, das wie eine Rampe zum Nachttisch führte.
Pia kletterte geschickt hinauf.
„Danke, Schnuffel! Du bist gar nicht so grummelig!“
„Verschwinde einfach“, murmelte Schnuffel, aber Pia glaubte, ein winziges Zucken in seinen Staubaugen zu sehen.
Zurück in ihrer Schachtel legte Pia ihren kostbaren Fang vorsichtig in eine Ecke.
Der kleine Punkt glitzerte im Dunkeln.
Ihr eigener Schnupfenstern!
Müde, aber überglücklich kuschelte sich Pia zwischen ihre schlafenden Geschwister.
Sie träumte von tanzenden Sternen, lustigen Kitzelattacken und dem aufregendsten Abenteuer, das ein kleines Papiertaschentuch je erlebt hatte.
Und während sie schlief, funkelte der kleine Staubkorn-Stern in der Ecke und Kalle Kissenbezug lächelte in die Dunkelheit.