Theo Tausendfüßler zählt seine müden Beine

Theo Tausendfüßler zählt seine müden Beine

Theo Tausendfüßler hat zu viele Beine zum Einschlafen! Eine lustige Geschichte über einen kleinen Kerl, der lernt, zur Ruhe zu kommen.

Theo Tausendfüßler war, wie sein Name schon verriet, ein Tausendfüßler.

Naja, vielleicht nicht ganz tausend. Theo hatte nie wirklich nachgezählt. Wer hat schon Zeit dafür, wenn man so viele spannende Dinge im Wald zu entdecken hat?

Aber es waren definitiv viele Beine. Sehr, sehr viele.

Normalerweise waren diese vielen Beine super praktisch.

Theo konnte blitzschnell über Waldboden flitzen, über Kieselsteine klettern und sogar auf Grashalmen balancieren, ohne umzufallen. Seine Freunde, die Ameisen, waren immer ganz neidisch auf seine Geschwindigkeit.

Doch heute Abend waren die vielen Beine ein Problem. Ein riesengroßes Einschlafproblem.

Theo lag in seinem gemütlichen Moosbett unter einem großen, roten Fliegenpilz.

Der Mond schien sanft durch die Blätter der Bäume, und die Grillen zirpten ihr Abendlied. Eigentlich perfekte Bedingungen zum Schlummern.

Aber Theo konnte einfach keine Ruhe finden.

Seine Beine! Sie waren überall!

Er versuchte, sich auf die rechte Seite zu legen. Aber dann wusste er nicht, wohin mit den linken Beinen. Sie kitzelten ihn an der Nase oder baumelten unbequem in der Luft.

Also drehte er sich auf die linke Seite. Jetzt waren es die rechten Beine, die störten. Einige landeten auf seinem Kopf, andere piekten ihn in den Rücken.

„Oje, oje“, murmelte Theo. „Das ist ja komplizierter als Blätter-Mikado!“

Er versuchte es auf dem Rücken. Das war noch schlimmer. Seine Beine ragten wie ein kleiner, wackeliger Wald in die Luft. Ein paar fingen an zu zucken, weil sie nicht wussten, was sie tun sollten.

„Vielleicht sollte ich sie zählen?“, dachte Theo. „Mama sagt immer, Schäfchen zählen hilft beim Einschlafen.“

Also fing er an: „Bein eins, Bein zwei, Bein drei… äh… Bein vierundzwanzig… Bein siebenundfünfzig…“

Er kam durcheinander. Hatte er Bein Nummer 63 schon gezählt oder war das Bein Nummer 112?

Seine Beine fingen an, sich zu verknoten. Bein 88 schlang sich um Bein 201, und Bein 450 trat versehentlich auf Bein 7.

„Aua!“, zischte Theo. „Das funktioniert ja gar nicht!“

Frustriert strampelte er mit allen Beinen gleichzeitig. Das sah sehr lustig aus, half aber überhaupt nicht beim Einschlafen. Im Gegenteil, er wurde nur noch wacher.

Plötzlich hörte er ein leises Rascheln.

Es war Frieda, die Feldmaus, die gerade von ihrer nächtlichen Nusssuche zurückkam.

„Na, Theo? Kannst du nicht schlafen?“, piepste sie neugierig.

„Nein“, seufzte Theo. „Meine Beine machen, was sie wollen. Sie sind einfach zu viele!“

Frieda knabberte nachdenklich an einer Buchecker. „Hmm, zu viele Beine… Das Problem habe ich nicht. Ich habe nur vier. Die lege ich einfach hin.“

Theo schaute auf seine unzähligen Füße. „Das ist bei mir nicht so einfach.“

„Vielleicht musst du sie richtig müde machen?“, schlug Frieda vor. „Renn doch mal ganz schnell im Kreis! So schnell du kannst!“

Das klang nach einem Plan. Theo rappelte sich auf und flitzte los. Mit hunderten von Beinen wurde er unglaublich schnell. Er raste um seinen Pilz herum, immer schneller und schneller, bis er aussah wie ein verschwommener, brauner Streifen.

Er wurde ganz schwindelig.

Puff! Plötzlich stolperte er über seine eigenen Füße (wahrscheinlich Bein 317 über Bein 599) und landete mit einem Salto wieder in seinem Moosbett.

Ihm drehte sich alles. Seine Beine waren jetzt zwar müde, aber sie fühlten sich an wie ein Teller Spaghetti.

„Das war auch nichts“, murmelte er enttäuscht.

Da hörte er ein leises „Huu-huu“ von oben.

Es war Professor Uhu, der auf einem Ast über Theos Pilz saß und alles beobachtet hatte.

„Junger Freund“, sagte der Uhu mit seiner tiefen, weisen Stimme. „Manchmal ist weniger mehr. Anstatt zu zählen oder zu strampeln, versuche doch einmal, ganz still zu liegen.“

Theo versuchte es. Er atmete tief ein und aus und konzentrierte sich darauf, kein einziges Bein zu bewegen.

Aber es war schwer. Ein Bein hier juckte, ein anderes dort kribbelte. Es war, als hätten seine Füße einen eigenen Willen.

„Ich kann nicht!“, jammerte Theo leise. „Sie wollen einfach nicht stillhalten!“

Genau in diesem Moment begann ganz in der Nähe eine kleine Grille zu spielen. Sie strich mit ihren Beinchen über ihre Flügel und erzeugte eine wunderschöne, sanfte Melodie.

Ziiiiirp… Ziiiiirp… Ziiiiiirp…

Die Musik war so beruhigend. Langsam, ganz langsam, hörte Theo auf, an seine vielen Beine zu denken.

Er schloss seine Augen. Nicht alle auf einmal, das war zu schwierig, aber immer ein paar nach dem anderen.

Er lauschte der Melodie der Grille. Ziiiirp… Ziiiiirp…

Er stellte sich vor, seine Beine wären keine einzelnen Störenfriede mehr, sondern wie die sanften Wellen eines ruhigen Sees. Sie bewegten sich kaum, nur ein ganz leichtes, rhythmisches Schaukeln.

Ein Bein nach dem anderen entspannte sich. Bein Nummer 12 hörte auf zu zucken. Bein Nummer 589 rollte sich gemütlich ein. Bein Nummer 999 (vielleicht?) lag ganz still da.

Theo musste nicht mehr zählen. Er musste nicht mehr strampeln. Er musste nur der Musik lauschen und fühlen, wie seine vielen, vielen Beine zur Ruhe kamen.

Ein tiefes Gefühl von Frieden breitete sich in ihm aus.

Die Grillenmelodie wurde leiser und leiser in seinen Ohren, oder vielleicht wurde er auch nur immer müder.

Seine Atmung wurde tief und regelmäßig.

Und dann, endlich, schlief Theo Tausendfüßler ein.

Alle seine vielen Beine ruhten friedlich im Moosbett, keines störte das andere.

Er träumte davon, wie er mit all seinen Freunden auf einer bunten Blumenwiese tanzte – und jedes einzelne seiner vielen Beine machte fröhlich mit. Ziiiirp…