Was flüstert die Türklinke, wenn alle schlafen?

Was flüstert die Türklinke, wenn alle schlafen?

Was macht eine Türklinke nachts? Clara schläft, doch Klinki, Staubie & Co. erleben heimlich kleine Abenteuer und Rettungsaktionen in ihrem Zimmer. Viel Spaß beim Lesen dieser Gute-Nacht-Geschichte .

Clara kuschelte sich tief in ihre weiche Bettdecke.

Mama hatte ihr gerade einen Gutenachtkuss gegeben und das kleine Nachtlicht angeknipst, das sanfte Sterne an die Decke warf.

Claras Augen wanderten zur Tür. Genauer gesagt, zur Türklinke.

Sie war aus glänzendem, goldenem Metall, ein bisschen altmodisch, mit einer runden Form, die kühl war, wenn man sie anfasste.

„Mama?“, flüsterte Clara.

„Ja, mein Schatz?“, fragte Mama leise von der Tür.

„Was macht die Türklinke eigentlich, wenn ich schlafe?“

Mama lächelte. „Die schläft bestimmt auch, genau wie du.“

„Aber sie hat doch keine Augen“, murmelte Clara schon halb im Traum.

„Vielleicht träumt sie ja vom Türenöffnen“, schmunzelte Mama und schloss leise die Tür.

Clara gähnte. Die Sternenlichter tanzten langsam über ihr. Bald war sie eingeschlafen.

Kaum war ihr Atem ruhig und gleichmäßig, da knackte es leise an der Tür.

Die Türklinke, die Clara nur als Klinki kannte (obwohl sie ihr den Namen nie gesagt hatte), seufzte tief. Ein Geräusch wie ein altes Scharnier, das sich dehnt.

„Endlich Ruhe“, brummte Klinki leise vor sich hin. „Den ganzen Tag dieses Gezerre und Gedrücke. Mal sanft, mal mit klebrigen Marmeladenfingern. Puh!“

Klinki versuchte, sich zu strecken, was für eine Türklinke bedeutete, dass sie ein winziges bisschen hin und her wackelte.

Plötzlich klickte es neben der Tür.

„Na, Klinki, wieder am Jammern?“, tönte eine schnippische Stimme. Es war Herr Lichtschalter, immer korrekt und ein bisschen eingebildet, weil er das Licht kontrollierte.

„Ach, Herr Lichtschalter“, grummelte Klinki. „Sie haben gut reden. Sie werden nur kurz angetippt. Mich packen sie! Manchmal drehen sie mich fast ab!“

„Ordnung muss sein“, erwiderte Herr Lichtschalter steif. „Und ich sorge für Erleuchtung. Eine wichtige Aufgabe.“

Ein leises Rascheln kam unter dem Bett hervor.

Ein kleiner, flauschiger Wollknäuel rollte ins Mondlicht, das durchs Fenster fiel. Es hatte zwei winzige Knopfaugen, die neugierig blinzelten.

„Huhu!“, piepste es. „Ist die Luft rein?“

„Ach, Staubie“, sagte Klinki etwas freundlicher. „Ja, die Große schläft tief und fest. Aber sei leise.“

Staubie, das Staubhäschen, rollte aufgeregt hin und her. „Ich habe heute unter dem Bett einen halben Keks gefunden! Ein Festmahl!“

„Pass bloß auf, dass du nicht in den Flur rollst“, warnte Klinki. „Du weißt doch, was da manchmal lauert… das große Saugmonster!“

Staubie zitterte theatralisch. „Oh ja, das Ungetüm! Aber heute Nacht bleibe ich hier. Vielleicht finde ich ja noch einen Krümel vom Keks.“

Plötzlich gab es einen dumpfen Plumps.

Claras Teddybär, Herr Brummel, war vom Bettrand gerutscht und lag nun auf dem weichen Teppich.

Clara bewegte sich unruhig im Schlaf und murmelte etwas Unverständliches.

„Oje!“, flüsterte Klinki alarmiert. „Wenn sie aufwacht und Herr Brummel nicht da ist!“

„Ein Notfall!“, rief Herr Lichtschalter, obwohl er nichts tun konnte, außer die Situation zu kommentieren. „Höchste Dringlichkeitsstufe!“

Staubie rollte näher an den Teddy heran. Herr Brummel war viel größer als das kleine Staubhäschen.

„Was sollen wir tun?“, piepste Staubie ängstlich.

Klinki überlegte fieberhaft, so gut es eine Türklinke eben kann. „Ich kann nicht runter. Herr Lichtschalter, Sie auch nicht. Staubie, du bist der Einzige, der sich bewegen kann!

„Ich? Aber… er ist so schwer!“, jammerte Staubie.

„Du musst ihn nur ein kleines bisschen anschubsen“, befahl Klinki. „Nur so weit, dass Clara ihn wieder greifen kann, wenn sie sich im Schlaf dreht.“

„Eine strategisch anspruchsvolle Aufgabe!“, kommentierte Herr Lichtschalter.

Staubie nahm all seinen Mut zusammen. Es rollte an Herrn Brummels weichen Bauch heran und drückte.

Es war, als würde eine Ameise versuchen, einen Apfel zu verschieben.

„Fester!“, kommandierte Klinki.

„Mehr Körpereinsatz!“, rief Herr Lichtschalter.

Staubie stieß und drückte, seine kleinen Wollfäden zitterten vor Anstrengung.

Millimeter für Millimeter bewegte sich Herr Brummel über den Teppich, näher zum Bett.

Clara seufzte im Schlaf und streckte eine Hand aus, tastend.

„Noch ein kleines Stück!“, keuchte Klinki.

Staubie gab einen letzten, verzweifelten Schubs.

Claras Finger berührten das weiche Fell von Herrn Brummels Ohr. Sie zog ihn zu sich heran, kuschelte ihn fest und schlief sofort wieder ruhig weiter.

Stille kehrte ins Zimmer ein.

Staubie lag erschöpft auf dem Teppich. „Geschafft!“

„Gute Arbeit, Kleines“, lobte Klinki, was für seine Verhältnisse überschwänglich war.

„Operation Teddyrettung erfolgreich abgeschlossen“, verkündete Herr Lichtschalter zufrieden.

Sie lauschten eine Weile dem ruhigen Atem des schlafenden Mädchens.

Langsam begann der Himmel draußen heller zu werden. Ein zarter Streifen Rosa erschien am Horizont.

„Es wird Morgen“, sagte Klinki leise. „Zeit, wieder still zu sein.“

Staubie rollte schnell zurück unter das sichere Bett.

Herr Lichtschalter klickte innerlich in seine „Aus“-Position.

Klinki nahm wieder seine normale, unbewegliche Haltung ein. Kühl, glänzend und stumm.

Als die ersten Sonnenstrahlen ins Zimmer fielen, öffnete Clara die Augen.

Sie drückte Herrn Brummel fest an sich. „Gut geschlafen?“, flüsterte sie ihm ins Ohr.

Ihr Blick fiel auf die Türklinke. Sie sah genauso aus wie immer.

„Du hast bestimmt auch gut geschlafen“, murmelte Clara und lächelte.

Die Türklinke blieb still. Aber wenn man ganz genau hinsah, hätte man vielleicht schwören können, dass ein winziger Lichtreflex für einen Sekundenbruchteil wie ein verschmitztes Augenzwinkern über das goldene Metall huschte.