
Was treibt eine Zahnpasta-Tube namens Blinki nachts im Badezimmer, wenn alle schlafen? Eine lustige Geschichte voller Abenteuer und Geheimnisse.
Leo gähnte herzhaft. Seine Zähne fühlten sich blitzeblank und glatt an.
Er hatte sie gerade mit seiner Lieblingszahnpasta geschrubbt – der mit dem leckeren Erdbeergeschmack.
Die Tube hieß Blinki und hatte lustige rote Streifen.
Papa zog ihm die Decke bis unters Kinn. „Schlaf gut, mein kleiner Zahnputzheld.“
„Nacht, Papa“, murmelte Leo und kuschelte sich in sein Kissen.
Das Licht im Flur klickte aus. Im Haus wurde es still.
Nur das leise Ticken der Uhr war zu hören und Papas Schritte, die sich entfernten.
Im Badezimmer, neben Leos bunter Zahnbürste, rührte sich etwas.
Ein kleiner roter Streifen auf der Zahnpasta-Tube zuckte.
Dann noch einer.
Langsam, ganz langsam, reckte sich die kleine Tube namens Blinki.
Sie spähte nach links, dann nach rechts.
Die Luft war rein!
Endlich! Die Zeit der schlafenden Zähne war gekommen – Blinkis Lieblingszeit!
„Juhu!“, flüsterte Blinki leise vor sich hin, was klang wie ein winziges Luftbläschen, das platzt.
Mit einem kleinen Hopser sprang Blinki vom Rand des Waschbeckens.
Aber nicht auf den Boden, oh nein!
Blinki landete mit einem eleganten „Plopp“ mitten im feuchten Waschbecken.
„Wasserrutsche!“, kicherte Blinki und sauste die glatte Keramik hinunter, bis es sanft am Abfluss landete.
Das war viel besser als nur Zahnpasta zu sein!
Unten im Becken lag Seibold Seife. Seibold war ein großes, eckiges Stück Kernseife und meistens ein bisschen brummig.
„Na? Wieder am Herumtollen, Blinki?“, brummte Seibold. „Kann man denn hier nie seine Ruhe haben?“
Blinki grinste, was bei einer Tube bedeutete, dass sich der Deckel ein bisschen wackelte.
„Ach Seibold, sei nicht so ein Griesgram! Die Nacht ist jung und voller Abenteuer! Willst du mitrutschen?“
Seibold Seife schnaubte. „Rutschen? Ich? Ich bin eine Seife von Welt! Ich liege hier und werde… nun ja, seifiger.“
Blinki kicherte wieder. Seibold war schon ein komischer Kauz.
Plötzlich rollte etwas Fluffiges ins Waschbecken.
Es war Willi Wattebausch, der oft vom Regal fiel, wenn niemand hinsah.
„Huch!“, machte Willi. „Schon wieder hier gelandet. Guten Abend, Blinki! Guten Abend, Herr Seibold!“
Willi war immer sehr höflich, auch wenn er kopfüber im Abfluss hing.
„Hallo Willi!“, rief Blinki fröhlich. „Pass auf, ich zeig dir was Lustiges!“
Blinki nahm einen winzigen Klecks seiner Erdbeerpaste – wirklich nur einen Hauch – und tupfte ihn auf den Rand des Waschbeckens.
Dann pustete Blinki ganz vorsichtig.
Der kleine Klecks wurde zu einer schillernden, rosa Seifenblase, die langsam durchs Bad schwebte!
„Ooooh!“, staunte Willi Wattebausch. „Das ist ja Magie!“
Sogar Seibold Seife brummte anerkennend. „Nicht schlecht, für eine Tube.“
Blinki fühlte sich stolz. Es konnte mehr als nur Zähne putzen!
Jetzt bekam Blinki eine Idee. Eine kühne Idee!
Hoch oben auf dem Badezimmerschrank stand etwas Faszinierendes: die große, silberne Tube mit der Minz-Zahnpasta für Erwachsene.
Sie sah so elegant und weltgewandt aus.
Blinki wollte sie unbedingt mal besuchen.
Aber wie da hochkommen?
Der Schrank war riesig!
Blinki blickte sich um. Der Zahnputzbecher! Er stand nah am Rand.
„Willi, Seibold, ich brauche eure Hilfe!“, rief Blinki.
Gemeinsam schoben und zogen sie. Seibold stemmte sich mit seiner ganzen seifigen Kraft dagegen, Willi schob mit seiner flauschigen Seite.
Und tatsächlich! Der Zahnputzbecher rückte ein kleines Stück näher an den Schrank.
Blinki nahm Anlauf und sprang auf Leos Zahnbürste, die im Becher steckte.
Von dort versuchte es, auf den Schrank zu klettern.
Aber die Borsten waren kitzlig und Blinki rutschte immer wieder ab.
„Hihihi!“, kicherte die Zahnbürste im Schlaf.
Blinki landete mit einem weichen „Pflatsch“ wieder neben Seibold.
„Das war wohl nichts“, brummte Seibold.
Blinki schüttelte sich. „Macht nichts! Dann eben nicht. Vielleicht ein anderes Mal.“
Enttäuscht war Blinki aber nicht lange.
Es entdeckte etwas anderes Spannendes: den Badezimmerspiegel.
Er glänzte im schwachen Mondlicht, das durchs Fenster fiel.
„Zeit für Kunst!“, beschloss Blinki.
Wieder drückte es einen winzigen Klecks Erdbeerpaste heraus und begann, auf den Spiegel zu malen.
Ein lachendes Gesicht mit Erdbeerduft entstand.
Dann ein kleiner Stern.
Und eine wackelige Blume.
„Wunderschön!“, hauchte Willi Wattebausch bewundernd.
Plötzlich hörten sie ein leises Tippeln.
Aus einer Ecke krabbelte Silvia Spinne hervor.
Silvia war sehr nett und strickte die schönsten Spinnennetze im ganzen Haus.
„Guten Abend allerseits“, sagte Silvia freundlich. „Ah, Blinki, du bist ja ein richtiger Künstler!“
Blinki wurde ein bisschen rot (was man bei den roten Streifen kaum sah).
„Danke, Silvia!“, piepste es.
Sie plauderten eine Weile über dies und das – über Staubmäuse, Wassertropfenrennen und den besten Platz für ein Nickerchen (Silvia empfahl die Ecke hinter dem Klo, Blinki bevorzugte das Waschbecken).
Doch dann wurde der Himmel draußen langsam heller.
Ein zartes Grau ersetzte das tiefe Nachtblau.
„Oh je!“, rief Blinki erschrocken. „Die Sonne kommt bald!“
Panik! Das Kunstwerk am Spiegel musste weg! Leo durfte nichts merken!
„Schnell, Willi! Hilf mir!“, rief Blinki.
Willi Wattebausch war sofort zur Stelle. Mit seiner flauschigen Seite wischte er über Blinkis Erdbeer-Gemälde, bis der Spiegel wieder blitzblank war.
„Danke, Willi! Du bist der Beste!“, keuchte Blinki.
Jetzt aber schnell zurück an seinen Platz!
Blinki kletterte flink aus dem Waschbecken, huschte über den kühlen Fliesenboden und sprang mit letzter Kraft zurück auf den Waschtisch, genau neben Leos Zahnbürste.
Gerade noch rechtzeitig!
Ein leises Geräusch kam vom Flur.
Die Badezimmertür öffnete sich einen Spalt.
Papas verschlafenes Gesicht erschien.
Blinki erstarrte. Es stand kerzengerade da, der Deckel fest verschlossen, und tat so, als wäre es die normalste Zahnpasta-Tube der Welt.
Papa tappte zum Waschbecken, gähnte und griff nach seiner eigenen Zahnbürste.
Er bemerkte Blinki gar nicht besonders.
Wenig später kam Leo ins Bad getrottet, die Haare ganz zerzaust.
Er griff nach Blinki.
Blinki spürte, wie es hochgehoben wurde.
Leo drückte einen Streifen Erdbeerpaste auf seine Bürste.
Niemand ahnte, welche Abenteuer die kleine Tube nur wenige Stunden zuvor erlebt hatte.
Als Leo seine Zähne putzte, konnte Blinki nicht anders.
Es zwinkerte innerlich.
Was für eine aufregende Nacht!
Und es konnte es kaum erwarten, bis alle Zähne wieder schliefen.