
Der neugierige Dachs Barnaby will wissen, warum die Sterne kichern. Eine lustige Suche nach Antworten mit einer weisen Eule und einem Igel.
Barnaby, der kleine Dachs, wohnte in der gemütlichsten Höhle unter der alten Eiche am Waldrand.
Seine Höhle war tapeziert mit Moos, das weicher war als Omas Strickpullover, und beleuchtet von Glühwürmchen, die er jeden Abend vorsichtig in einem Glas sammelte.
Barnaby liebte seine Höhle, aber noch mehr liebte er die Nacht.
Wenn der Mond wie eine schüchterne Zitrone am Himmel hing und alles still wurde, spitzte Barnaby seine Ohren.
In letzter Zeit hörte er nämlich etwas.
Etwas ganz Leises, Feines, fast wie… Kichern.
Und dieses Kichern schien von ganz oben zu kommen, von den funkelnden Sternen.
„Hören die das auch?“, murmelte er eines Abends und stupste einen Regenwurm an, der gerade Feierabend machte. Der Wurm zuckte nur müde und verschwand im Boden.
Barnaby seufzte. Niemand schien das Kichern zu bemerken.
Aber er war sich sicher. Die Sterne kicherten.
Waren sie kitzlig? Erzählten sie sich Witze über müde Dachse? Lachten sie vielleicht über seine gestreiften Hosen?
Diese Frage ließ ihn nicht mehr los. Es kribbelte in seiner Nase vor Neugier.
Er musste der Sache auf den Grund gehen. Oder besser gesagt: In die Höhe!
Sein erster Plan war kühn und mutig: Er würde einfach zu den Sternen hinaufklettern!
Die alte Eiche war ja schließlich riesig. Bestimmt reichte sie bis zum Himmel, oder zumindest fast.
Mit viel Schwung und einem entschlossenen Grunzen versuchte Barnaby, den dicken, knorrigen Stamm zu umklammern.
Seine kurzen Dachsbeinchen ruderten wild in der Luft. Die Rinde war viel glitschiger, als sie aussah.
*Rutsch! Plumps!*
Er landete unsanft, aber weich, auf seinem Hosenboden im raschelnden Herbstlaub.
„Hmpf“, machte Barnaby und rieb sich den Po. Klettern war wohl doch eher etwas für Eichhörnchen mit ihren flinken Pfoten.
Ein verschlafenes „Huuuu-huuuu? Wer macht da Lärm?“ ertönte von einem Ast hoch über ihm.
Professor Eusebius Uhu, der weiseste (und ohne Zweifel schläfrigste) Vogel des ganzen Waldes, blinzelte mit einem riesigen Auge aus seinem Astloch.
„Barnaby, mein Junge! Was polterst du hier mitten in der Nacht herum wie ein Sack Nüsse? Manche Vögel versuchen, ihren Schönheitsschlaf zu halten!“
Barnaby rappelte sich auf und blickte ehrfürchtig nach oben. „Professor! Verzeihung! Aber Sie müssen mir helfen! Es ist dringend! Die Sterne kichern! Warum tun sie das?“
Professor Uhu gähnte so ausgiebig, dass sein Schnabel knackte und ein paar lose Federn sanft zu Boden segelten.
„Sterne…“, murmelte er und rieb sich das schläfrige Auge mit einem Flügel, „…kichern nicht, mein kleiner Freund. Das ist… äh… atmosphärisches Flimmern… verursacht durch… Lichtbrechung in den Luftschichten… sehr kompliziert.“
Er wedelte vage mit dem anderen Flügel. „Geh lieber schlafen, Barnaby. Wahrscheinlich sind es nur die Grillen, die wieder Überstunden machen. Oder der Wind.“
Aber Barnaby war nicht zufrieden. Grillen zirpten ein Zzzz-Zzzz. Der Wind rauschte ein Schhh-Schhh. Das hier war eindeutig ein *Hihihi*! Ein Sternenkichern!
Sein zweiter Plan war architektonisch noch viel anspruchsvoller: Ein Turm!
Ein Himmelsstürmer-Turm aus allem, was der Waldboden hergab.
Er sammelte Kieselsteine in allen Größen, glänzende Eicheln, trockene Blätter, knorrige Zweige und sogar eine vergessene, leuchtend rote Socke, die wohl ein Wanderer beim Pilzesuchen verloren hatte.
Vorsichtig, mit spitzen Pfoten, schichtete er alles aufeinander. Stein auf Eichel, Blatt auf Stein, Zweig auf Blatt, Socke… wohin nur mit der albernen Socke?
Er legte sie ganz nach oben, als lustige Turmspitze.
*Wackel… Knacks… Rums!*
Der Turm schwankte erst wie ein Grashalm im Wind und fiel dann mit leisem Gepolter in sich zusammen. Die rote Socke landete direkt auf Barnabys Nase.
Barnaby saß inmitten seiner Baustelle und seufzte tief. Das war schwieriger als gedacht.
„Was um Himmels willen treibst du denn da Komisches?“, fragte eine wohlbekannte, leicht piepsige Stimme.
Henriette Igel rollte sich langsam und bedächtig aus ihrem gemütlichen Laubhaufen direkt neben der Eichenwurzel. Sie war die praktischste Bewohnerin des Waldes und fand Barnabys Ideen oft… nun ja, sagen wir: fantasievoll.
„Ich baue einen Turm zu den Sternen“, erklärte Barnaby und zog sich die Socke von der Nase. „Sie kichern, Henriette, und ich muss einfach wissen, warum.“
Henriette schnaubte leise durch ihre spitze Nase, was bei Igeln wie ein kleines Prusten klingt. „Sterne kichern nicht, Barnaby. Das ist doch Unsinn. Wahrscheinlich ist es der Wind in den Baumkronen? Oder das Glucksen vom Bach drüben? Oder vielleicht hast du Schluckauf im Ohr?“
„Nein, nein, nein!“, beharrte Barnaby fast schon verzweifelt. „Es ist ein Kichern! Ganz fein und hoch und… kitzelig!“
Henriette tippte sich nachdenklich mit einer Pfote an die Stachelnase. „Na gut. Wenn du meinst. Aber anstatt hier wackelige Türme zu bauen, die sowieso umfallen, solltest du vielleicht einfach mal ganz, ganz genau hinhören.“
Das war Plan Nummer Drei. Genial einfach!
Barnaby suchte sich die zwei allergrößten, tellerrunden Ahornblätter, die er im Mondlicht finden konnte.
Er hielt sie wie riesige, grüne Lauscher an seine Dachsohren und setzte sich mucksmäuschenstill auf eine dicke Wurzel. Den Kopf legte er in den Nacken und starrte unverwandt zum Himmel.
Er konzentrierte sich so sehr, dass seine Nase zuckte und seine Schnurrhaare vibrierten.
Stille.
Nur das leise Rauschen der Blätter und das ferne Zirpen einer Grille.
Und dann… da war es wieder! Dieses leise, prickelnde, funkelnde Geräusch. *Hihihi…* klang es fast, wie winzige Silberglöckchen.
Plötzlich landete Professor Uhu lautlos wie ein Schatten neben ihm. Er schien nun etwas wacher zu sein und putzte sich eine Feder unter dem Flügel.
„Immer noch bei den kichernden Sternen, Barnaby?“ Seine Stimme klang jetzt klarer.
Barnaby nickte eifrig und deutete mit seinen riesigen Blätterohren stumm nach oben.
Professor Uhu schmunzelte unter seinem Federbart. „Weißt du, Barnaby, das Licht der Sterne ist unglaublich lange unterwegs, um zu uns auf die Erde zu kommen. Eine Reise über unvorstellbare Entfernungen.“
Er machte eine kleine Pause und schaute Barnaby eindringlich an.
„Und auf dem allerletzten Stück seiner langen Reise muss dieses Licht durch unsere Luft hindurch. Die Luft hier auf der Erde ist aber nicht ganz still und klar wie Glas. Sie wackelt und wabert immer ein bisschen, wie warmer Pudding, bevor er fest wird, oder wie die Hitze über dem Asphalt im Sommer.“
Barnaby stellte sich wackeligen Pudding am Himmel vor. Das klang lustig.
„Und wenn das feine Sternenlicht durch diese wackelige, wabernde Luft hindurch muss“, fuhr der Professor mit sanfter Stimme fort, „dann wackelt und zittert das Licht auch ein bisschen hin und her. Es kommt nicht ganz gerade bei deinen Augen an. Es funkelt und flimmert.“
Er zwinkerte Barnaby mit einem seiner großen, runden Augen zu.
„Und für einen kleinen, neugierigen Dachs mit einer sehr großen Fantasie und riesigen Blätterohren klingt dieses Flimmern und Funkeln vielleicht ein ganz klein wenig wie… Kichern.“
Barnaby ließ die Blätter sinken und schaute nach oben. Die Sterne funkelten tatsächlich. Sie blinzelten und zwinkerten ihm zu, als hätten sie ein lustiges Geheimnis.
Es war kein auslachendes Kichern mehr. Eher ein fröhliches, glitzerndes Blinzeln. Ein Sternenzwinkern.
Henriette, die sich unbemerkt wieder herangerollt hatte, stupste ihn sanft an die Seite. „Und ich glaube“, sagte sie leise, „ich habe dich vorhin auch ein bisschen kichern hören, als dein lustiger Sockenturm umgefallen ist.“
Barnaby wurde ein bisschen rot unter seinem Fell. Das stimmte wohl.
Vielleicht hatten die Sterne ja nur freundlich zurück gefunkelt, als er gekichert hatte?
Er gähnte. Die ganze Aufregung hatte ihn müde gemacht.
Er kuschelte sich tief in seine Höhle unter der alten Eiche.
Das Moos war weich und duftete nach Wald, die Glühwürmchen im Glas leuchteten sanft wie kleine Nachttischlampen.
Er schaute durch den runden Höhleneingang noch einmal zu den Sternen hinauf.
Sie kicherten nicht mehr. Sie funkelten und zwinkerten ihm zu. Freundlich und hell und unendlich weit weg.
Und Barnaby, der kleine Dachs, fand, das war eigentlich noch viel schöner und geheimnisvoller.
Mit einem zufriedenen Lächeln auf den Lippen schlief er ein und träumte von zwinkernden Sternen, wackeligem Pudding am Nachthimmel und roten Socken, die auf Baumwipfeln tanzten.