Wenn Papas Bart eine Gute-Nacht-Geschichte brummt

Leo lag in seinem Bett, aber die Müdigkeit wollte einfach nicht kommen.
Seine Augen waren zwar schon ein bisschen klein, wie Rosinen, aber sein Kopf war noch voller Purzelbäume und Kichererbsen.
Da ging die Tür leise auf und Papa schlich herein.
Er hatte sein lustiges Schlafanzugoberteil an, das mit den fliegenden Kaffeetassen.
„Na, mein kleiner Wuselwind, noch nicht im Schlummerland?“, fragte Papa und setzte sich auf Leos Bettkante.
Leo kuschelte sich an ihn.
Papas Bart pikste ein ganz kleines bisschen an Leos Wange, aber das machte nichts. Es war ein gemütliches Piksen.
Papas Bart war nämlich nicht irgendein Bart.
Oh nein!
Er war groß und buschig und ein bisschen wild, wie ein kleiner, freundlicher Wald im Gesicht.
Manchmal fand Leo darin sogar einen Frühstückskrümel vom Morgen, der sich dort versteckt hatte.
„Papa?“, flüsterte Leo.
„Hm?“, machte Papa.
„Kann dein Bart heute die Geschichte erzählen?“
Papa lachte leise. „Mein Bart?“
„Ja!“, sagte Leo aufgeregt. „Bestimmt kann er das! Er brummt doch immer so schön.“
Papa überlegte kurz, dann grinste er.
„Na gut, versuchen wir’s mal.“
Er beugte sich näher zu Leo und strich sich über den Bart.
Dann machte er ein tiefes, brummendes Geräusch, das aus dem Bart zu kommen schien: „Hrrrrrrrmmmm…“
Leo kicherte.
„Der Bart sagt Hallo“, erklärte Papa mit leicht verstellter, brummiger Stimme.
„Hallo Bart!“, rief Leo leise zurück.
„Hrrrrmm…“, brummte der Bart wieder. „Hrrrrmmm… willst du eine Geschichte hören? Hrrrrmmm…“
Leo nickte eifrig.
„Dann mach die Augen zu und lausche gut“, brummte der Bart.
Leo schloss die Augen ganz fest.
Er spürte Papas Nähe und den warmen Atem, der durch den Bart strich.
Und dann begann der Bart zu erzählen, nicht mit Worten, sondern mit einem sanften Vibrieren und Brummen, das Leo durch Papas Brust spüren konnte.
„Es war einmal… hrrrrrmmm… ein winzig kleiner Keks-Krümel namens Krümelbert“, brummte Papa für den Bart.
„Krümelbert?“, flüsterte Leo.
„Ja, Krümelbert. Er war sehr mutig, aber auch sehr, sehr klein. Hrrrrmmm… Eines Morgens fiel er aus einer Kekstüte… plumps!… direkt in diesen riesigen, wuseligen Bart-Wald.“
Leo stellte sich den Bart als Wald vor. Die einzelnen Haare waren hohe Bäume, manche ganz gerade, manche kringelig.
„Ohje“, murmelte Leo.
„Ja, ohje“, brummte der Bart. „Krümelbert schaute sich um. Überall waren diese riesigen Haar-Bäume. Hrrrrmmm… Es roch ein bisschen nach Papas Kaffee vom Morgen und… hrrrrmmm… nach Waldspaziergang vom Nachmittag.“
Leo musste kichern. Papas Bart roch wirklich oft nach Wald.
„Krümelbert hatte ein bisschen Angst“, brummte der Bart weiter. „Er wollte zurück zu seiner Kekstüte. Also tapste er los. Hrrrrmmm… Seine kleinen Füße machten kaum ein Geräusch auf dem weichen Untergrund… der manchmal ein bisschen… hrrrrmmm… stoppelig war.“
Papa rieb seinen Bart leicht an Leos Arm. Es kitzelte.
„Und was ist dann passiert?“, fragte Leo neugierig.
„Hrrrrmmm… Geduld, kleiner Wuselwind“, brummte der Bart. „Plötzlich stolperte Krümelbert über etwas Langes, Glitschiges… Hrrrrmmm…“
„Was war das?“, hauchte Leo.
„Es war… hrrrrmmm… eine vergessene Spaghetti-Nudel vom Mittagessen! Sie lag da wie eine riesige, gelbe Schlange!“
Leo kicherte laut.
„Krümelbert erschrak furchtbar! Hrrrrmmm… Aber die Nudel rührte sich nicht. Sie schlief tief und fest und träumte wahrscheinlich von Tomatensoße.“
„Puh“, machte Leo.
„Krümelbert schlich vorsichtig weiter“, brummte der Bart. „Er kletterte über einen riesigen… hrrrrmmm… Popcorn-Felsen, der vom letzten Kinoabend übrig war… und rutschte auf der anderen Seite wieder runter.“
Das Brummen wurde zu einem leisen Rutschgeräusch.
„Und dann sah er etwas Weißes, Weiches. Hrrrrmmm… Es sah aus wie eine kleine Wolke, die zwischen den Haar-Bäumen hing.“
„Eine Wolke?“, fragte Leo.
„Fast“, brummte der Bart. „Es war ein… hrrrrmmm… Wattebausch! Der hatte sich verirrt, als Papa sich heute Morgen ein kleines Wehwehchen am Finger verarztet hat.“
Leo erinnerte sich. Papa hatte sich beim Brotschneiden gepikst.
„Krümelbert dachte, die Wolke wäre vielleicht ein gemütliches Bett“, brummte der Bart. „Er kuschelte sich hinein. Hrrrrmmm… Es war ganz weich und flauschig.“
Das Brummen wurde ganz sanft und leise.
„Aber er durfte nicht einschlafen! Er musste ja den Weg nach Hause finden.“
„Hat er ihn gefunden?“, fragte Leo schon ein bisschen schläfrig.
„Hrrrrmmm…“, brummte der Bart noch leiser. „Er kletterte aus dem Wattebausch und sah… hrrrrmmm… in der Ferne ein Licht.“
„Ein Licht?“
„Ja. Es kam von Papas Nasenspitze“, brummte der Bart und Papa stupste Leo sanft mit der Nase an.
Leo musste gähnen.
„Krümelbert wusste: Wenn er dem Licht folgte, würde er aus dem Bart-Wald herausfinden. Hrrrrmmm… Also lief er los, so schnell seine kleinen Krümelbeine ihn tragen konnten.“
Das Brummen wurde langsamer, wie ein müder Bär, der sich zum Schlafen hinlegt.
„Er rannte und rannte… hrrrrmmm… vorbei an einem kitzeligen Haar-Busch… hrrrrmmm… über eine kleine Haut-Hügelkuppe… hrrrrmmm… und dann…“
Das Brummen wurde ganz, ganz leise.
„Dann… hrrrrmmm… sah er das Ende des Waldes. Er war am Rand des Bartes angekommen!“
„Geschafft?“, murmelte Leo, die Augen schon fast zu.
„Ja“, flüsterte jetzt Papa mit seiner normalen Stimme, das Brummen war weg. „Krümelbert winkte dem Bart-Wald zum Abschied und sprang… plumps… sicher auf Papas Schulter.“
Papa tätschelte Leos Schulter.
„Und von dort fand er leicht den Weg zurück in die Kekstüte, wo seine Freunde schon auf ihn warteten.“
Leo atmete tief durch. Seine Augenlider waren schwer wie Steine.
„Der Bart… ist jetzt auch müde…“, murmelte Leo.
„Ja“, sagte Papa leise. „Der Bart schläft jetzt auch gleich ein.“
Er gab Leo einen Kuss auf die Stirn.
„Schlaf schön, mein kleiner Wuselwind.“
Leo kuschelte sich tiefer in sein Kissen. Er hörte noch das leise Atmen von Papa und stellte sich vor, wie Krümelbert jetzt sicher in seiner Kekstüte schlummerte.
Der Bart-Wald war gar nicht mehr unheimlich, sondern ein Ort voller kleiner, lustiger Abenteuer.
Und mit diesem Gedanken segelte Leo endlich davon, direkt ins Land der Träume, wo vielleicht schon der nächste Krümel darauf wartete, Papas Bart zu erkunden.
Papa saß noch einen Moment da, lächelte und strich sich über seinen Bart.
Wer hätte gedacht, dass er so gute Geschichten erzählen konnte?
Dann stand er leise auf und schlich aus dem Zimmer, die fliegenden Kaffeetassen auf seinem Schlafanzug schienen ihm zuzwinkern.