Willi Wolkenfisch schwimmt durchs Himmelsmeer ins Bett

Willi Wolkenfisch schwimmt durchs Himmelsmeer ins Bett

Willi Wolkenfisch will nicht schlafen! Auf seinem langen Weg ins Bett im Himmelsmeer trifft er Sternenquallen und den riesigen, singenden Mondwal.

Hoch oben, wo die Flugzeuge nur noch kleine Silberpunkte sind und die Vögel längst umgekehrt sind, da liegt das Himmelsmeer.

Es ist kein Meer aus Wasser, oh nein! Es ist ein Meer aus weicher Dämmerung, aus Abendrot und Sternenglanz, durchzogen von sanften Windströmungen.

Und in diesem Meer lebte Willi Wolkenfisch.

Willi war kein gewöhnlicher Fisch. Er hatte keine glitschigen Schuppen, sondern ein flauschiges Wolkenfell, das in allen Farben des Sonnenuntergangs schimmerte – mal rosa, mal orange, mal ein sanftes Lila.

Seine Flossen waren wie zarte Nebelschleier, und wenn er schwamm, zog er eine winzige Kondensspur hinter sich her.

Heute Abend war Willi besonders aufgedreht. Die Sternschnuppen spielten Fangen am Horizont, und die Milchstraße glitzerte wie frisch gestreuter Diamantstaub.

„Willi! Mein kleiner Wolkenfisch! Zeit fürs Bettchen!“, rief eine sanfte Stimme. Das war Mama Wolke, eine große, gemütliche Schönwetterwolke, die wie ein riesiges Sofakissen aussah.

Willis Wolkenfell sträubte sich ein wenig. „Och nööö, Mama! Noch nicht! Guck mal, die Glühwürmchensterne fangen gerade erst an zu tanzen!“

Mama Wolke schwebte näher. „Ich weiß, mein Schatz, der Himmel ist aufregend. Aber auch kleine Wolkenfische brauchen ihren Schlaf, damit sie morgen wieder lustig durch die Luftströme sausen können.“

Sie stupste ihn sanft mit einer regenbogenfarbenen Ecke an. „Dein Korallenwolkenbett wartet schon. Es ist ganz kuschelig mit Mondstrahlmoos ausgelegt.“

Willi seufzte theatralisch. „Na gut. Aber ich nehme den laaaangen Weg!“

Mama Wolke lachte leise. „In Ordnung, kleiner Abenteurer. Aber trödel nicht zu sehr.“

Und so machte sich Willi auf den Weg durch das dämmerige Himmelsmeer.

Zuerst schwamm er an einem Feld voller Sternenquallen vorbei. Sie trieben langsam dahin und pulsierten in einem sanften, silbernen Licht.

„Hallo, ihr Funkeldinger!“, rief Willi.

Eine besonders große Sternenqualle blinzelte ihm mit einem müden Lichtpunkt zu. „Pssst, Willi… wir sind schon fast eingeschlafen…“, murmelte sie kaum hörbar.

„Oh, Entschuldigung!“, flüsterte Willi und schwamm leise weiter.

Er folgte einer langsamen Windströmung, die ihn an riesigen Kumulusbergen vorbeiführte, die aussahen wie schlafende Riesen aus Zuckerwatte.

Da sah er sie: die Windschnecken.

Sie waren winzig klein und krochen unglaublich langsam über die Wolkenoberflächen. Hinter sich ließen sie eine hauchdünne, silbrig schimmernde Spur zurück, die im Mondlicht glänzte.

„Hallo, Schneckis!“, rief Willi. „Seid ihr auch noch wach?“

Eine Windschnecke drehte mühsam ihr Fühlerchen zu ihm um. Es dauerte eine gefühlte Ewigkeit. „Waaaas… haaaast… duuuu… gesaaaaagt…?“, hauchte sie gedehnt.

Willi kicherte. „Schon gut! Schlaft schön!“ Er musste lachen, weil die Schnecken so langsam waren, dass sie wahrscheinlich erst morgen früh antworten würden.

Er schwamm weiter, tiefer ins Himmelsmeer hinein, wo die Farben dunkler wurden und nur noch die hellsten Sterne leuchteten.

Plötzlich hörte er ein tiefes, sanftes Brummen. Es war ein Ton, der durch sein ganzes Wolkenfell vibrierte.

Neugierig folgte er dem Klang.

Und da sah er ihn: den großen Mondwal.

Er war riesig, viel größer als Mama Wolke, und sein Körper schimmerte in allen Farben des Mondlichts – silbern, bläulich, fast durchsichtig.

Der Mondwal sang sein Schlaflied für den Himmel, ein tiefes, beruhigendes Summen, das alle Sterne sanft in den Schlaf wiegte.

Willi staunte. Er hatte den Mondwal schon oft aus der Ferne gesehen, aber noch nie so nah.

Er traute sich kaum zu piepsen. „Hallo, Herr Mondwal…“

Der Wal öffnete langsam ein riesiges, sternenbesetztes Auge und sah Willi freundlich an. Das tiefe Summen wurde für einen Moment leiser.

„Guten Abend, kleiner Wolkenfisch“, dröhnte seine Stimme sanft wie ferner Donner. „Bist du nicht schon längst auf dem Weg ins Bett?“

Willi wurde ein bisschen rot unter seinem Wolkenfell. „Ähm, ja. Ich habe nur… den langen Weg genommen.“

Der Mondwal lächelte, was bei einem Wal sehr beeindruckend aussah. „Das ist gut. Manchmal ist der lange Weg der schönste. Aber nun wird es wirklich Zeit.“

Er blies eine große Luftblase aus seinem Blasloch. Sie war gefüllt mit schillernden Traumsplittern.

„Hier, fang!“, sagte der Wal. „Eine kleine Traumblase für deine Reise.“

Die Blase schwebte langsam auf Willi zu. Als er sie mit seiner Nebelflosse berührte, zerplatzte sie lautlos und ein Gefühl wohliger Müdigkeit durchströmte ihn.

„Oooh… danke…“, gähnte Willi. Plötzlich fühlten sich seine Wolkenflossen ganz schwer an.

„Gern geschehen, Kleiner. Schlaf gut“, summte der Mondwal und schloss langsam wieder sein Auge.

Willi gähnte noch einmal herzhaft. Die Sternschnuppen waren ihm jetzt egal, und auch die Glühwürmchensterne tanzten nicht mehr so aufregend.

Er schwamm nun zielstrebig auf sein Zuhause zu, eine besonders gemütliche Wolkenformation, die wie eine Koralle aussah.

Sein Bettchen war schon von Weitem zu sehen, ein kleines, flauschiges Nest in der Mitte der Korallenwolke, ausgepolstert mit dem weichsten Mondstrahlmoos, das man sich vorstellen kann.

Mama Wolke wartete schon. Sie lächelte, als sie Willi heranschweben sah.

„Na, mein kleiner Abenteurer? War der lange Weg schön?“

Willi nickte müde. „Sehr schön… Herr Mondwal hat mir eine Traumblase geschenkt…“

Er kuschelte sich tief in sein Bettchen. Das Mondstrahlmoos war noch weicher und wärmer, als er es in Erinnerung hatte.

Mama Wolke deckte ihn mit einem leichten Schleierwolken-Tuch zu.

„Schlaf schön, mein Willi Wolkenfisch“, flüsterte sie und gab ihm einen sanften Kuss aus Regentropfen auf die Stirn.

Willis Augen fielen zu. Das sanfte Summen des Mondwals schien immer noch in der Ferne zu klingen.

Er spürte, wie er langsam davontrieb, nicht mehr im Himmelsmeer, sondern im Meer der Träume.

Er träumte von tanzenden Sternenquallen, von unglaublich langsamen Windschnecken und von einem riesigen, freundlichen Wal, der ihm die schönsten Traumblasen schenkte.

Und während Willi schlief, passte Mama Wolke auf ihn auf, und das ganze Himmelsmeer atmete leise im Takt der Sterne.