
Leni fragt sich, wo Träume parken, bevor sie uns besuchen. Eine fantasievolle Reise zu Wolken-Garagen und Traum-Mechanikern mit Teddy Bruno.
Leni lag kuschelig in ihrem Bett.
Neben ihr saß Bruno, ihr allerliebster Teddybär mit dem einen Knopfauge, das immer ein bisschen schief guckte.
Draußen wurde es langsam dunkel, und Mama hatte schon den Vorhang zugezogen.
„Gute Nacht, mein Schatz“, hatte Mama gesagt und ihr einen Kuss auf die Stirn gegeben.
Aber Leni war noch nicht müde. Überhaupt nicht.
Ihre Gedanken purzelten durcheinander wie Bauklötze in einer Kiste.
Besonders eine Frage ließ sie nicht los.
„Bruno“, flüsterte sie ihrem Teddy ins Ohr, „wo sind eigentlich die Träume, bevor sie zu uns kommen?“
Bruno schwieg, wie Teddys das eben tun. Aber Leni wusste, dass er ganz genau zuhörte.
„Ich meine“, fuhr Leni fort, „die können ja nicht einfach so plopp in unserem Kopf auftauchen, oder? Die müssen doch irgendwo warten.“
Sie stellte sich das vor. Vielleicht wie Autos auf einem Parkplatz?
Ein riesiger Parkplatz nur für Träume?
„Vielleicht gibt es eine riesige Wolken-Garage hoch über uns?“, überlegte Leni laut.
„Ganz weiche Parkbuchten aus Schäfchenwolken, damit die Träume nicht kaputtgehen, wenn sie einparken.“
Bruno schien zustimmend zu nicken, zumindest bildete Leni sich das ein.
„Und der Sandmann“, murmelte Leni weiter, „ist der vielleicht der Parkwächter?“
Sie kicherte bei dem Gedanken. Ein kleiner Mann mit Zipfelmütze, der den Träumen Zettelchen unter die nicht vorhandenen Scheibenwischer klemmt, wenn sie falsch parken?
„Parken verboten! Diese Wolke ist nur für Albträume reserviert!“ Leni lachte. „Nein, das wäre ja gemein.“
Vielleicht war der Sandmann eher so etwas wie ein freundlicher Lotse.
Er stand am Eingang der Traum-Garage und winkte die Träume herein.
„Du bist ein Abenteuertraum? Dritte Wolkenreihe links, neben dem Piratenschiff-Traum!“
„Und du, ein Kuscheltraum? Ganz vorne, bitte, auf die flauschigste Wolke!“
Leni kuschelte sich tiefer in ihre Decke.
„Aber was ist, wenn ein Traum ein bisschen kaputt ist?“, fragte sie Bruno.
„Wenn er zum Beispiel ein kleines Grusel-Monster hat, das eigentlich gar nicht gruselig sein soll, sondern nur kitzeln will?“
Bruno schaute mit seinem Knopfauge sehr weise drein.
„Vielleicht gibt es eine Traum-Werkstatt!“, rief Leni leise.
„Mit winzigen Traum-Mechanikern, die Schraubenschlüssel aus Zuckerstangen haben.“
Sie sah es genau vor sich: Kleine, glitzernde Wesen, die an einem Traum herumschraubten.
Einer polierte ein Einhorn auf Hochglanz, ein anderer klebte einem fliegenden Schweinchen ein abgefallenes Flügelchen wieder an.
„Und es gibt bestimmt auch eine Traum-Waschanlage!“, kicherte Leni.
„Wo die Träume durch einen Regenbogen fahren und blitzeblank und farbenfroh wieder herauskommen.“
Ein schmutziger Albtraum fährt hinein, voller Spinnweben und Dunkelheit… und schwupps, auf der anderen Seite kommt ein lustiger Kitzel-Traum heraus!
Bruno brummte leise. Oder war das Lenis Bauch?
„Und wie kommen die Träume dann von der Garage zu uns?“, grübelte Leni weiter.
„Fliegen die einfach so runter?“
Das erschien ihr ein bisschen unorganisiert.
„Vielleicht haben sie verschiedene Fahrzeuge?“
Die ganz süßen Träume, die nach Erdbeereis und Omas Apfelkuchen schmecken, die schweben vielleicht in Seifenblasen herunter. Ganz sanft und leise platzen sie dann über unserem Kopfkissen. Plitsch.
Die Abenteuerträume, die mit Drachen und Schatzkarten, die sausen bestimmt in kleinen Raketen an. Zisch! Direkt ins Traumland im Kopf.
Und die lustigen Träume? Die mit den tanzenden Gummibärchen und den Witzen, die man am nächsten Morgen vergessen hat?
„Die hüpfen!“, entschied Leni. „Wie Flummis! Bouncing, bouncing, bouncing… bis sie in unseren Ohren landen!“
Sie musste kichern bei der Vorstellung eines hüpfenden Traums.
Bruno wackelte ein bisschen hin und her. Vielleicht hüpfte er mit.
„Aber was ist mit den ganz leisen Träumen?“, flüsterte Leni. „Die, die man kaum bemerkt?“
Vielleicht schlichen die sich auf Samtpfoten an, wie kleine Kätzchen.
Oder sie segelten auf Blättern lautlos durchs offene Fenster.
Der Sandmann musste wirklich viel zu tun haben, all diese verschiedenen Träume zu organisieren und auf den Weg zu schicken.
Er musste die Startzeiten koordinieren, damit nicht alle Träume gleichzeitig ankamen.
Stell dir das Chaos vor! Ein Raketen-Traum kracht in eine Seifenblasen-Traum! Oh je!
„Vielleicht hat der Sandmann eine riesige Anzeigetafel in der Wolken-Garage“, überlegte Leni.
„Abflug Traum Nummer 7 für Leni Müller, Wolkensteg 3, pünktlich um 22:00 Uhr.“
„Abflug Kitzel-Traum für Papa Schmidt, Wolkensteg 5, mit leichter Verspätung wegen Lachkrampf.“
Leni gähnte. Das war alles ganz schön kompliziert mit den Träumen.
Aber auch sehr spannend.
Sie drückte Bruno fest an sich.
„Ich hoffe, der Sandmann hat heute einen besonders schönen Traum für mich ausgesucht, Bruno.“
Einen, der vielleicht gerade in der Regenbogen-Waschanlage war und jetzt ganz frisch und bunt ist.
Oder einen, der sanft in einer Seifenblase zu ihr schwebt.
Ihre Augen wurden schwerer.
Die Wolken-Garage mit den vielen bunten Träumen drehte sich langsam in ihrem Kopf.
Sie sah den freundlichen Sandmann winken.
Sie hörte das leise Zisch der Abenteuer-Raketen und das sanfte Plitsch der Seifenblasen-Träume.
Vielleicht würde sie ja heute Nacht selbst einmal in der Traum-Garage vorbeischauen?
Nur mal gucken, wie das da so ist.
Mit Bruno an ihrer Seite konnte ja nichts passieren.
Leni kuschelte ihr Gesicht in Brunos weiches Fell.
„Gute Nacht, Traum-Garage“, murmelte sie noch.
Und dann schlief sie ein, bereit für den Traum, der gerade seinen Parkplatz auf Wolke Sieben verlassen hatte, um pünktlich bei ihr anzukommen.
Bruno wachte noch einen Moment, sein Knopfauge blickte wachsam in die Dunkelheit, als wollte er sicherstellen, dass nur die besten Träume den Weg zu Leni fanden.
Dann schloss auch er die Augen. Gute Nacht.