
Ein neugieriger Junge entdeckt, wohin das Kitzeln verschwindet, wenn er einschläft, und trifft dabei ein Kitzelmonster und ein Schlafschaf.
Leo kicherte, bis ihm die Tränen kamen.
Papa hatte ihn gerade unter den Füßen gekitzelt, genau an der Stelle, die am allerschlimmsten war.
„Stopp! Stopp!“, japste Leo und zog die Beine an.
Papa grinste. „Na gut, mein kleiner Kitzelkäfer. Zeit fürs Bett.“
Er deckte Leo bis zum Kinn zu und gab ihm einen Kuss auf die Stirn.
„Schlaf schön.“
Das Licht ging aus, nur ein kleines Nachtlicht warf einen warmen Schein durchs Zimmer.
Leo lag da, die Füße kribbelten noch ein bisschen vom Kitzeln.
Er schloss die Augen.
Aber dann kam ihm ein Gedanke.
Ein sehr wichtiger Gedanke.
Wohin geht das Kitzeln eigentlich, wenn man aufhört zu lachen und einschläft?
Es ist ja nicht einfach weg, oder?
Es muss doch irgendwohin.
Leo öffnete die Augen wieder einen Spalt.
Das Kribbeln war fast verschwunden.
Aber wo war es hin?
War es aus dem Fenster geflogen?
Hatte es sich unter dem Bett versteckt?
Oder… war es vielleicht jemand abholen gekommen?
Leo beschloss, wach zu bleiben. Nur ein ganz kleines bisschen.
Er wollte das Geheimnis des verschwundenen Kitzelns lüften.
Er lag ganz still da, nur seine Augen blinzelten ab und zu.
Die Müdigkeit wurde immer größer.
Seine Augenlider fühlten sich an wie schwere Vorhänge.
Gerade als er dachte, er würde es nicht mehr schaffen, da sah er es.
Ein winziges, flirrendes Etwas schwebte von der Decke herab.
Es sah aus wie ein kleiner Wattebausch mit winzigen Glitzerflügeln und zwei Fühlern, die wie Federn wackelten.
Es summte leise, wie eine sehr, sehr kleine Hummel.
Das Wesen landete federleicht auf Leos Bettdecke, direkt bei seinen Füßen.
Es tippte vorsichtig mit einem Fühler auf Leos Zeh.
Ein winziges Kribbeln flackerte auf.
Leo hielt den Atem an.
Das kleine Wesen schien das letzte bisschen Kitzeln von seinen Füßen einzusammeln.
Es tupfte hier, es stupste da, und mit jedem Stupser schien es ein wenig heller zu leuchten.
Schließlich hatte es einen kleinen, funkelnden Ball aus Kitzelenergie in seinen winzigen Händen.
Leo räusperte sich leise.
Das Wesen zuckte zusammen und drehte sich blitzschnell um.
Es hatte große, neugierige Augen, die im Dunkeln schimmerten.
„Huch! Du bist ja noch wach!“, piepste es mit einer Stimme, die klang wie winzige Glöckchen.
„Wer… wer bist du?“, flüsterte Leo.
„Ich bin Knuffel! Ein Kitzelmonster der Stufe Eins. Ich sammle die übrig gebliebenen Kitzel ein“, erklärte das Wesen stolz und plusterte sich auf.
„Die übrig gebliebenen Kitzel?“, fragte Leo verwundert.
„Na klar!“, sagte Knuffel. „Kitzeln ist reine Kicher-Energie. Die kann doch nicht einfach verpuffen! Das wäre ja Verschwendung!“
Knuffel hielt den funkelnden Ball hoch. „Siehst du? Das ist dein Einschlaf-Kitzelrest.“
„Und was machst du damit?“, fragte Leo, dessen Neugier jetzt größer war als seine Müdigkeit.
„Ich bringe ihn zum Rand vom Traumland. Komm mit, aber leise!“, flüsterte Knuffel und flatterte langsam zur Tür.
Leo war sich nicht sicher, ob er träumte oder wach war, aber er stand leise auf und folgte dem kleinen Kitzelmonster.
Sie schwebten durch den Flur, der seltsam lang und neblig wirkte.
Alles war ganz still, nur das leise Summen von Knuffel war zu hören.
Schließlich erreichten sie eine große, flauschige Pforte, die aussah, als wäre sie aus Wolken gemacht.
Davor stand ein großes, unglaublich wolliges Schaf mit einer goldenen Schlafmütze auf dem Kopf.
Das Schaf kaute gemächlich auf einem Gänseblümchen und blinzelte Leo freundlich an.
„Mäh!“, machte das Schaf. „Wen haben wir denn da, Knuffel? Ein waches Kind?“
„Nur ganz kurz, Wolli!“, piepste Knuffel. „Er wollte wissen, was mit seinem Kitzel passiert.“
Wolli, das Schlafschaf, nickte weise.
„Aha! Eine wichtige Frage. Nun, kleiner Mann, pass auf.“
Wolli nahm Knuffel den funkelnden Kitzelball ab.
„Diese Kitzel-Energie wird wiederverwendet. Sie ist viel zu wertvoll.“
Wolli pustete sanft auf den Ball, und er zerstäubte in tausend winzige, glitzernde Pünktchen.
„Ein Teil davon wird in lustige Träume eingewoben“, erklärte Wolli und deutete auf einen schlafenden Igel in einer kleinen Moosmulde neben der Pforte.
Ein paar Glitzerpünktchen schwebten zum Igel und landeten auf seiner Nase.
Der Igel zuckte mit der Nase und kicherte leise im Schlaf.
„Hihihi… fliegende Bratwurst… hihi…“ murmelte er.
Leo musste kichern.
„Und der Rest?“, fragte er.
„Der Rest wird aufbewahrt“, sagte Wolli und zeigte auf eine große Truhe aus Mondscheinholz. „Für den nächsten Morgen. Ein kleiner Muntermach-Kitzel, damit das Aufwachen nicht so schwerfällt.“
Knuffel nickte eifrig. „Genau! Wir Kitzelmonster sorgen dafür, dass kein Kichern verloren geht!“
Leo gähnte. Seine Augen fielen ihm fast zu.
Wolli lächelte sanft. „So, kleiner Entdecker. Jetzt weißt du Bescheid. Aber nun ist es wirklich Zeit, ins Traumland zu reisen.“
Das Schlafschaf pustete Leo einen Hauch von Glitzerstaub entgegen.
Er roch nach warmer Milch und Lavendel.
Leo spürte, wie er zurück in sein Bett schwebte.
„Ich lasse dir einen extra schönen Kitzel für morgen früh da!“, rief Knuffel ihm noch hinterher.
Leo kuschelte sich in sein Kissen.
Er war froh, das Geheimnis gelüftet zu haben.
Kitzeln verschwand nicht einfach.
Es wurde zu lustigen Träumen und Muntermachern.
Mit diesem beruhigenden Gedanken schlief Leo tief und fest ein.
Am nächsten Morgen weckte ihn ein sanftes Kribbeln an den Füßen.
Papa stand lächelnd an seinem Bett.
Leo kicherte.
Er wusste genau, woher dieses Kitzeln kam.
Es war ein Gruß vom Kitzelmonster Knuffel und dem Schlafschaf Wolli.
Und irgendwie fühlte sich das Aufwachen heute besonders schön an.