
Greta glaubt, Sterne brauchen Wasser zum Funkeln. Als ein Stern schwach leuchtet, beginnt ein nächtliches Abenteuer, um ihn zu gießen.
Greta hatte eine Gießkanne. Nicht irgendeine Gießkanne, nein, ihre war apfelgrün mit kleinen gelben Punkten und sie hieß Gerda.
Jeden Abend, wenn die Sonne längst hinter den Hügeln verschwunden war und der Mond wie ein kugelrunder Käse am Himmel hing, machte Greta etwas sehr Wichtiges.
Sie zog ihre Gummistiefel an (die roten mit den Enten drauf), nahm Gerda, die Gießkanne, und ging in den Garten.
Mama und Papa dachten, sie gießt die schlafenden Blumen. Aber Pustekuchen!
Greta hatte ein viel größeres Geheimnis.
Sie schlich sich zum alten Apfelbaum am Ende des Gartens, kletterte flink wie ein Eichhörnchen auf den untersten Ast und blickte nach oben.
Zum Himmel.
„So, meine Lieben“, flüsterte sie dann in die Stille der Nacht. „Wer hat heute Durst?“
Und dann tat sie es.
Sie hob Gerda hoch, zielte sorgfältig und goss einen feinen Strahl glitzernden Wassers – direkt auf die Sterne!
Ja, richtig gelesen! Greta goss die Sterne.
Sie war fest davon überzeugt, dass Sterne nur deshalb so hell funkeln, weil jemand sie regelmäßig gießt. Und wer sollte das schon machen, wenn nicht sie?
Das Wasser in Gerda war auch kein normales Wasser. Es war Mondscheinwasser, das Greta immer heimlich sammelte, wenn der Mond besonders rund war.
Es glitzerte silbrig und roch ein bisschen nach Popcorn und Abenteuer.
Die meisten Sterne tranken gierig und schienen danach noch heller zu leuchten. Sie zwinkerten Greta dankbar zu.
Doch an diesem Abend war etwas anders.
Ein kleiner Stern, ganz am Rande der Milchstraße, funkelte nur ganz schwach. Er sah müde aus, fast ein bisschen staubig.
Greta kniff die Augen zusammen. „Na, du da! Funkelchen! Was ist denn mit dir los?“
Der kleine Stern antwortete nicht. Er glimmte nur traurig vor sich hin.
„Du hast bestimmt Durst“, murmelte Greta besorgt. „Aber du bist so weit oben… Wie komme ich nur an dich ran?“
Der Apfelbaum war nicht hoch genug. Nicht einmal ansatzweise.
Greta überlegte. Sie musste Funkelchen helfen!
Sie kletterte vom Baum, schlich zurück ins Haus und die Treppe hinauf zu ihrem Zimmer.
Sie öffnete das Fenster ganz weit. Die Nachtluft war kühl und roch nach Gras und Geheimnissen.
Sie kletterte auf die Fensterbank. Von hier aus konnte sie das Dach erreichen.
Vorsichtig, einen Fuß vor den anderen, stieg sie auf die Dachziegel. Puh, ganz schön hoch!
Aber Funkelchen war immer noch meilenweit entfernt.
„Hallo?“, rief Greta leise nach oben. „Ist da jemand?“
Plötzlich glitt etwas Silbriges neben ihr herab. Es sah aus wie ein langes, leuchtendes Band.
„Wer ruft denn da so spät noch?“, murmelte eine schläfrige Stimme.
Greta blinzelte. Es war ein Mondstrahl! Ein echter, müder Mondstrahl.
„Ich bin’s, Greta. Ich muss dringend zu Funkelchen, dem kleinen Stern da oben. Er braucht Wasser!“
Der Mondstrahl gähnte herzhaft, dass es nur so glitzerte. „So weit hoch? Da bin ich viel zu müde für.“
„Bitte!“, flehte Greta. „Er sieht ganz traurig aus.“
Der Mondstrahl überlegte kurz. „Na gut. Aber nur, wenn du mir eine winzig kleine Gutenachtgeschichte erzählst. Vom Gähnen werde ich immer so wach.“
Greta überlegte kurz. „Okay. Es war einmal ein Kieselstein, der wollte unbedingt fliegen lernen. Er hüpfte und hüpfte, aber kam nicht hoch. Da kam ein Vogel und sagte: ‚Du bist ein Stein, du bleibst am Boden!‘ Der Stein wurde traurig. Aber dann kam ein Windstoß, pustete ihn auf einen Laubhaufen, der Laubhaufen wurde vom Wind erfasst und flog – und der Kieselstein flog mit! Ende.“
Der Mondstrahl kicherte leise. „Nicht schlecht. Halt dich fest!“
Greta packte den schimmernden Strahl mit beiden Händen, und langsam, ganz sanft, zog er sie nach oben, höher und höher.
Sie schwebten an anderen Sternen vorbei, die ihr freundlich zunickten.
Plötzlich stießen sie fast mit etwas Weichem, Grauem zusammen.
„He! Pass doch auf!“, brummte eine tiefe Stimme. „Wer planscht denn hier mit Wasser rum?“
Es war eine Wolke. Eine ziemlich grummelige Regenwolke namens Willibald.
„Entschuldigung, Herr Willibald“, sagte Greta höflich. „Das ist Mondscheinwasser für Funkelchen. Er glänzt nicht mehr richtig.“
Willibald beäugte Gerda misstrauisch. „Wasser gehört in Wolken, nicht auf Sterne. Tz.“
„Aber es ist Spezialwasser!“, erklärte Greta. „Damit die Sterne leuchten!“
Willibald grummelte noch etwas, aber er schien ein bisschen neugierig geworden zu sein. „Na schön. Aber mach schnell. Und tropf mir nicht auf den Kopf.“
Er gab Greta einen kleinen Schubs nach oben, einen sanften Wolken-Puff.
Und da war sie! Direkt neben Funkelchen.
Der kleine Stern sah von Nahem wirklich ganz matt und staubig aus. Ein feiner grauer Schleier lag auf ihm.
„Hallo Funkelchen“, flüsterte Greta. „Ich hab dir was mitgebracht.“
Sie hob Gerda vorsichtig an und ließ einen sanften Strahl des Mondscheinwassers auf den Stern rieseln.
Es zischte leise, wie Brausepulver.
Und dann geschah es.
Der Staub schien weggewaschen zu werden. Ein kleines, zartes Licht begann in Funkelchens Mitte zu glühen.
Es wurde heller und heller, bis der ganze Stern wieder in einem wunderschönen, klaren Licht erstrahlte.
Funkelchen zitterte vor Freude. „Oh, danke! Danke, liebe Greta! Ich hatte kosmischen Schluckauf und dabei den ganzen Sternenstaub aufgewirbelt. Ich kam einfach nicht mehr zum Leuchten!“
Greta lachte. „Kosmischer Schluckauf? Das klingt ja lustig!“
„Ist es aber nicht!“, piepste Funkelchen. „Aber dein Wasser hat geholfen! Es schmeckt nach Popcorn!“
Greta strahlte. Ihre Mission war erfüllt.
Der müde Mondstrahl, der geduldig gewartet hatte, zog sie sanft wieder nach unten.
„Danke, Herr Mondstrahl!“, rief Greta.
„Gern geschehen“, murmelte der Strahl und gähnte schon wieder.
Sie schwebten an Willibald vorbei. „Na also. Geht doch“, brummte die Wolke, aber Greta glaubte, ein kleines Lächeln in den Regentropfen zu sehen.
Sanft landete Greta wieder auf dem Dach und kletterte durch ihr Fenster zurück ins Zimmer.
Sie stellte Gerda neben ihr Bett, zog die Gummistiefel aus und kuschelte sich unter die Decke.
Draußen am Himmel funkelte Funkelchen jetzt heller als alle anderen Sterne. Er zwinkerte Greta zum Abschied zu.
Greta lächelte müde. Sterne gießen war anstrengend, aber auch wunderschön.
Mit dem beruhigenden Glitzern von Funkelchen vor Augen schlief sie glücklich ein und träumte von kosmischem Schluckauf und Popcorn-Wasser.
Und Gerda, die apfelgrüne Gießkanne, stand bereit für die nächste Nacht.
Denn irgendwo am Himmel gibt es bestimmt immer einen Stern, der ein bisschen Durst hat.